Ruf nach Corona-Enquete-Kommission wird in Hamburg kritisch gesehen

Der Kampf gegen Corona brachte weitreichende Einschnitte in die
Rechte und das Leben vieler Menschen mit sich. Der Umgang mit der
Pandemie soll aufgearbeitet werden. Nur wie, ist die Frage.

Hamburg (dpa/lno) - In der Hamburgischen Bürgerschaft stößt der Ruf
nach Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung des Umgangs
mit der Corona-Pandemie auf Skepsis. Dass es einer Auswertung des
Vorgehens zur Eindämmung der Pandemie bedarf, um Schlüsse für
künftige ähnliche Krisen zu ziehen, ist unter den Fraktionen
unstrittig, wie eine Umfrage der Deutsche Presse-Agentur ergab.
Hinsichtlich des politischen Rahmens ist man sich allerdings nicht
einig. Hintergrund ist ein Antrag der AfD-Fraktion, die die
Einsetzung einer Enquete-Kommission aus Parlamentariern und
Wissenschaftlern fordert.

Die Gesundheitsexpertin der SPD-Fraktion, Claudia Loss, warnte vor
der politischen Instrumentalisierung eines solchen Gremiums. «Zum
Umgang mit der Corona-Pandemie haben wir in der Vergangenheit ein
hohes Maß an Populismus und Selbstinszenierung erlebt», sagte sie der
dpa. «Ein parteipolitischer Streit über die Deutungshoheit der
Pandemie - mit der klassischen Rollenverteilung von Regierung und
Opposition - wird uns daher keinen Schritt weiter bringen.» 

Vielmehr sollte man die unabhängige Bewertung der Wissenschaft
überlassen. Hamburg sei gut durch die Pandemie gekommen, sagte Loss.
«Die dabei gesammelten Erfahrungen können uns in zukünftigen Krisen
helfen, noch effektiver auf die Situation zu reagieren.»

Lena Zagst, verfassungspolitische Sprecherin der Grünen, nannte eine
Evaluierung der während der Pandemie getroffenen Entscheidungen
ebenfalls wichtig. «Ob sich das Instrument einer Enquete-Kommission
dafür eignet, ist allerdings zu bezweifeln. Vielmehr besteht hier das
Risiko, dass eine solche Kommission für populistische Stimmungsmache
genutzt wird, die niemandem hilft, sondern die Gesellschaft nur
weiter spaltet.»

Für CDU-Fraktionschef Dennis Thering ist «eine sachliche Aufarbeitung
der Corona-Maßnahmen ohne Schaum vorm Mund» sinnvoll. Es müsse
sichergestellt werden, dass Bund und Länder bei ähnlichen
Krisensituationen besser vorbereitet seien. «Entsprechend würden wir
nur eine Enquete-Kommission auf Bundesebene unter Beteiligung aller
Bundesländer unterstützen», sagte er. Eine Aufarbeitung für Hamburg

allein ergebe dagegen wenig Sinn, «schließlich wurden viele der
Maßnahmen gemeinschaftlich zwischen Bund und Ländern verabredet und
umgesetzt».  

In ihrem Antrag nimmt die AfD die politische Bewertung der Arbeit des
rot-grünen Senats und der Bundesregierung schon vorweg. Von
«Corona-Willkür», einer «hysterischen Verfolgung sämtlicher Kriti
ker»
und «rechtswidrigen» Grundrechtseingriffen ist darin die Rede. Nicht
nur deshalb dürfte es dafür keine Mehrheit in der Bürgerschaft geben:

Noch nie ist ein Antrag der Rechtspopulisten durchgekommen.   

Sie habe die vielen fehlerhaften und unverhältnismäßigen Maßnahmen

des Senats bereits während der Bekämpfung der Corona-Pandemie
kritisiert, sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein.
«Eine kritische Aufarbeitung ist deshalb überfällig. Gleichwohl kann

ich einem Antrag nicht zustimmen, der die Pandemie verharmlost und
die Maßnahmen falsch darstellt.»