Zahl der Insassen im Maßregelvollzug geht zurück

Jahrelang sind in Brandenburg immer mehr psychisch kranke Straftäter
in den Maßregelvollzug eingewiesen worden. Nun sinken die Zahlen
wieder.

Potsdam (dpa/bb) - Die Zahl der psychisch kranken Straftäter im
Maßregelvollzug in Brandenburg ist seit 2012 leicht auf knapp 230
Patienten gesunken. Im vergangenen Jahrzehnt hatte sie sich dagegen
mehr als verdoppelt, wie aus der Antwort von Gesundheitsministerin
Diana Golze (Linkspartei) auf eine parlamentarische Anfrage des
Linke-Abgeordneten und ehemaligen Justizministers Volkmar Schöneburg
hervorgeht. Im Jahr 2000 waren demnach rund 120 Straftäter in
psychiatrischen Kliniken in Behandlung. Bis 2011 stieg die Zahl auf
knapp 250 an.

Laut Ministerium war dies vermutlich die Folge von mehr Aufnahmen als
Entlassungen und einer längeren Verweildauer der Patienten. Auch das
Justizressort hat keine Erklärung: «Eine Änderung der gerichtlichen

Urteilspraxis bei Unterbringungsentscheidungen oder andere Gründe,
die zu der Zahlenentwicklung geführt haben könnten, sind uns nicht
bekannt», sagte ein Sprecher.

Seit 2012 ist ein leichter Rückgang der Patienten zu beobachten. Ein
Grund dafür seien vermehrte Entlassungen, erklärte das Ministerium
von Golze. Die Abnahme lasse sich vermutlich auf die 2008 aufgebaute
und inzwischen funktionierende Nachbetreuung der Patienten in der
forensischen Ambulanz zurückführen, hieß es.

Beim Maßregelvollzug werden psychisch oder suchtkranke Straftäter zum
Schutz der Bevölkerung und zur Therapie untergebracht (Paragraf 63
Strafgesetzbuch). Entlassen werden sie erst, wenn ein Gutachter sie
als ungefährlich einstuft. Die Gesetzgebung ist umstritten. Mit dem
Fall Gustl Mollath, der zu Unrecht sieben Jahre in der forensischen
Psychiatrie in Bayern verbrachte, wurde die Diskussion neu entfacht.
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat sich darauf verständigt, dass es
bei langfristigen Einweisungen in die forensische Psychiatrie mehr
Kontrollen geben soll.

Justiz-Experte Schöneburg hält dies für dringend erforderlich. «Vor

allem die lange Zeit, die viele im Maßregelvollzug bleiben, ist
besorgniserregend», bemerkte der Ex-Minister. Überrascht habe ihn die
hohe Anzahl der Patienten, die nicht wegen eines Tötungsdelikts oder
eines Sexualverbrechen eingewiesen worden seien.

Von den rund 230 psychisch kranken Straftätern sind rund 50 wegen
Tötungs-, etwa 80 wegen Sexualdelikten im Maßregelvollzug. Mehr als
100 eingewiesene Patienten haben Straftaten wie Körperverletzung,
Brandstiftung, Raub, Erpressung oder Diebstahl begangen. Häufig
führte auch ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz zur
Unterbringung. Auffällig ist, dass fast alle nach Paragraf 63
eingewiesenen Patienten männlich sind. Der Anteil der weiblichen
Patienten lag in den vergangenen 15 Jahren durchgehend bei weniger
als fünf Prozent.