SPD kann Gesundheitsreform nicht stoppen

   Berlin (dpa) - Die Bundesregierung kann ihre umstrittene Reform
der Gesundheitsfinanzierung wahrscheinlich wie geplant zu Beginn des
kommenden Jahres in Kraft setzen. Ein Antrag SPD-geführter
Bundesländer, die Reform mit unbegrenzt möglichen Zusatzbeiträgen
allein zu Lasten der rund 50 Millionen Kassenmitglieder
fallenzulassen und einen neuen Entwurf vorzulegen, fand am Freitag im
Bundesrat keine Mehrheit.

Damit zeichnet sich ab, dass das Gesetzgebungsverfahren, wie von
Union und FDP geplant, vor dem Jahresende abgeschlossen ist. Für die
Reform, die eine Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes auf 15,5
Prozent vorsieht, ist die Zustimmung der Länderkammer ohnehin nicht
erforderlich. Einen eventuellen Einspruch könnte Schwarz-Gelb im
Bundestag mit ihrer Kanzlermehrheit zurückweisen.

Die Länder Rheinland-Pfalz, Berlin, Brandenburg, Bremen und
Nordrhein-Westfalen hatten eine komplette Überarbeitung der Reform
beantragt. Sie lehnen den mit der Reform verbundenen Systemwechsel
und das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags ab. Dies alles verschärft
nach Ansicht der Kritiker das soziale Ungleichgewicht.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) wies die Kritik
zurück. Die Umfinanzierung dulde keinen Aufschub. Werde nicht
gehandelt, sei im nächsten Jahr mit einem Defizit von neun Milliarden
Euro zu rechnen. Dann müsste jedes siebte Krankenhaus schließen,
jedes dritte bis vierte Medikament könne von den Kassen nicht mehr
bezahlt werden. Mit dem Einstieg in einkommensunabhängige
Pauschalprämien werde ein Teufelskreis durchbrochen und die
Krisenanfälligkeit des Systems beendet.

   Die rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) sagt
e,
die «unsolidarische Kopfpauschale» sei «ein weiterer Angriff auf den

Sozialstaat», der Sozialausgleich «in Wahrheit eine Mogelpackung».
Unterhalb einer Zusatzbelastung von zwei Prozent des Bruttoeinkommens
sei überhaupt kein Ausgleich vorgesehen. Dreyer nannte dies
«Umverteilung von unten nach oben».

Die baden-württembergische Sozialministerin Monika Stolz (CDU)
stellte sich grundsätzlich hinter die Reform. Es sei richtig, die
Last auf viele Schultern zu verteilen. Sie forderte aber - wie auch
ihr bayerischer Amtskollege Markus Söder (CSU) - Verbesserungen im
Detail, etwa bei der Honorierung der Hausärzte. Der Gesetzentwurf
sollte nach den Worten von Stolz «an dieser Stelle nachjustiert
werden».

Söder kritisierte eine regional «asymmetrische Honorarverteilung»,

durch die bayerische Ärzte derzeit benachteiligt würden. Dies
gefährde die ambulante Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum.

Der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP)
sagte, niemand werde durch die Reform überlastet. Alle würde zur
Stabilisierung der gesetzlichen Kassen herangezogen - über Steuern
auch Privatversicherte.

Die Gesundheitsreform wird auch Thema einer Sondersitzung der
Länder-Gesundheitsminister mit Rösler am 25. Oktober sein. Das
kündigte Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Manuela
Schwesig (SPD) an. Der DGB rief die Länder auf, die Reform zu
stoppen. «Insbesondere die CSU steht im Wort, dass die Kopfpauschale
nicht eingeführt wird», sagte DGB-Vorstand Annelie Buntenbach. Söder

konterte: Der geplante Zusatzbeitrag sei «keine Kopfpauschale».

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