Schwule junge Männer haben das höchste Aids-Risiko Gespräch: Ulrike von Leszczynski, dpa

Leidenschaftliche Verliebtheit wird in Deutschland vor allem
homosexuellen jungen Männern zum Verhängnis. Sie stecken sich bei
ungeschütztem Sex weiterhin am häufigsten mit dem HI-Virus an.

Berlin (dpa) - 5000 Aids-Tote am Tag, 7400 HIV-Neuinfektionen und
kein Impfstoff in Sicht: Die weltweite Lage sieht nicht rosig aus,
wenn Osamah Hamouda, HIV-Experte am Berliner Robert-Koch-Institut,
vom 18. bis 23. Juli zur Internationalen Aidskonferenz nach Wien
reist. In Deutschland haben sich die Ansteckungszahlen nach einem
vorübergehenden Anstieg zwar wieder stabilisiert. Die Risikogruppen
aber sind die gleichen geblieben. Es sind vor allem schwule junge
Männer zwischen 25 und 40, die sich mit dem HI-Virus infizieren.

67 Prozent der Patienten, bei denen in Deutschland im Jahr 2009
eine neue HIV-Infektion festgestellt, wurde sind Männer, die Sex mit
Männern haben. Nur 17 Prozent der Betroffenen haben sich bei
heterosexuellen Kontakten angesteckt. 11 Prozent stammen aus Ländern
mit einer hohen Verbreitung von HIV in der Allgemeinbevölkerung und
haben sich größtenteils bereits dort über heterosexuelle Kontakte
angesteckt. Die Zahl der Drogenabhängigen unter den Infizierten ist
2009 dagegen um 20 Prozent gesunken. Es sind nur noch 3,5 Prozent.

Insgesamt gab es in Deutschland für das Jahr 2009 rund 2800
gemeldete HIV-Neudiagnosen, ähnlich viele wie in den beiden
Vorjahren. Doch Hamouda hat keine eindeutigen Zahlen vor sich. «Die
heutigen Tests unterscheiden noch nicht zwischen frisch erworbenen
Infektionen und Ansteckungen, die Jahre zurückliegen können»,
erläutert er. So kann niemand ganz genau sagen, wie viele Menschen
sich 2009 in Deutschland neu angesteckt haben - und ob es mehr oder
weniger sind als früher. Nur eine Extra-Studie belegt bisher, dass
der Anteil kürzlich erworbener HIV-Infektionen bei Schwulen unter 30
Jahren höher ist als bei älteren homosexuellen Männern.

2800 Neudiagnosen im Jahr sind im Vergleich zu anderen
europäischen Ländern kein Grund zur Panik. «Wir haben hier eine gute

Situation», sagt Hamouda. «Das liegt daran, dass Aufklärung- und
Präventionsprogramme hier früh begonnen wurden.» Aber Deutschland
dürfe sich auf dem Erreichten nicht ausruhen. «Jede HIV-Infektion ist
eine zu viel», betont der Experte.

«Je früher eine medizinische Betreuung gewährleistet ist, desto
eher lässt sich zum richtigen Zeitpunkt die Behandlung beginnen und
das Virus erfolgreich unterdrücken.» Das wüssten heute auch die
meisten Homosexuellen. «Ein schwieriges Spektrum sind nur Menschen,
die sich oft testen lassen, aber ihr Verhalten nicht ändern», ergänzt

Hamouda. «Und es gibt auch Menschen, die eine Infektion nicht
bestätigt haben wollen. Aber das ist eine Minderheit.»

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