Studie: Arztserien im TV beeinflussen Erwartungen von Patienten

Berlin (dpa) - Selbstlose und überengagierte Ärzte aus Fernseh-
Serien können nach einer kleinen Studie der Deutschen Gesellschaft
für Chirurgie zu einer ernsthaften Konkurrenz für die realen Götter
in Weiß werden. Für seine Dissertation belegte ein Arzt durch
Interviews mit 162 Patienten, dass die fiktive Welt der Arztserien
die Erwartungshaltung von Kranken an den Klinikbetrieb stark
beeinflusst, teilte die Gesellschaft am Mittwoch in Berlin mit. Je
häufiger Patienten seichte Serien im Fernsehen sahen, desto eher
gingen sie davon aus, dass der Arzt bei der Visite Händchen hält und
hübsche Krankenschwestern dazu noch Kaffee servieren.

Die heile Bilderwelt aus dem Fernsehen führe bei nicht wenigen
Patienten zu einer Enttäuschung über den wirklichen
Krankenhausbetrieb, sagte der Mediziner Kai Witzel, der die
Fragebogen-Studie organisierte und ausgewertete. Befragt wurden nur
Patienten, die für eine unkomplizierte Leistenbruch- oder
Gallenblasenoperation stationär in eine Klinik aufgenommen wurden.
Sie hatten vorher noch nie im Krankenhaus gelegen - oder aber ihre
Behandlung lag mehr als zehn Jahre zurück. Notfälle waren von der
Studie ausgeschlossen. Einige Tage vor ihrer OP beantworteten die
Patienten in Ruhe unter anderem Fragen zu ihren Fernsehgewohnheiten.
Nach dem Eingriff wurden sie zur Zufriedenheit mit der Klinik
befragt.

Patienten, die mehr als 30 Stunden pro Woche fernsehen und
Krankenhausserien lieben, gaben nach der Untersuchung einem echten
Klinikarzt auf einer Zufriedenheitsskala von 2 bis 3,2 nur die Note
3. Wer weniger als 5 Stunden pro Woche vor dem Fernseher saß,
beurteilte den Mediziner mit dem besten Wert 2,5. Patienten, die
Arztserien darüber hinaus für realistisch hielten, waren mit der
Behandlung besonders unzufrieden.

Gegen das Zerrbild des Arztberufs auf der Mattscheibe gibt es nach
Witzels Ansicht keine Medizin. «Die Prägung der Patienten durch das
Fernsehen wird zunehmen», sagt er. Ändern müssten sich also die
Kliniken, die in Zeiten scharfen Wettbewerbs auf gute Beurteilungen
ihrer Patienten angewiesen seien. Für Ärzte dürfe deshalb nicht nur
das Behandlungsergebnis im Vordergrund stehen. Gerade ältere
Patienten legten beim Besuch am Krankenbett Wert auf Fürsorge und
Zuwendung, sagte Witzel. «Auch wenn es sich um den 20. Patienten mit
der gleichen uninteressanten Erkrankung handelt.» Dieser Extra-
Service würde sich auch betriebswirtschaftlich lohnen.
dpa vl yybb n1 kb