WHO-Mitgliedsländer ringen um Pandemieabkommen

Eine neue Pandemie sei nur eine Frage der Zeit, warnen Expertinnen
und Experten. Die Welt soll dafür besser gewappnet sein. Ein
Pandemieabkommen soll es richten, aber die Details sind umstritten.

Genf (dpa) - Die 194 Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) ringen seit Montag in Genf in einer letzten Verhandlungsrunde
um ein geplantes Pandemieabkommen. Es soll weltweites Chaos wie bei
der Coronapandemie verhindern und sicherstellen, dass alle Länder
gleiche Chancen haben, an Medikamente und Impfstoffe zu kommen. Das
Abkommen soll bei der WHO-Jahrestagung Ende Mai/Anfang Juni
verabschiedet werden. Die Verhandlungen sind auf zwölf Tage
angesetzt.

«Das Ambitionsniveau ist schon heruntergeschraubt», sagte ein
Diplomat in Genf. Der jüngste Entwurf für einen Text wurde demnach
auf 23 Seiten gekürzt und enthält viele Formulierungen, die
Verpflichtungen einschränken, wie «vorzugsweise» oder «wo
angebracht». Regierungen sollen Überwachungskapazitäten im
Gesundheitssystem «wo angebracht» stärken. Oder: Technologietransfer

zur Produktion von Medikamenten oder Impfstoffen soll «zu
einvernehmlich festgelegten Bedingungen» erfolgen. 

Dennoch, so der Diplomat, biete das Abkommen einen «Mehrwert». «Gar
nichts zu haben, wäre schlimmer», sagte er. So sieht der Entwurf vor,
dass die WHO 20 Prozent der hergestellten Pandemieprodukte für die
Verteilung in ärmeren Ländern gratis bekommt oder günstig erwerben
kann. Sie soll auch ein Lieferkettennetzwerk koordinieren. Damit soll
im Pandemiefall sichergestellt sein, dass jedes Land schnellstens das
Material bekommt, das es braucht, um Menschen zu schützen und die
Ausbreitung einer Krankheit einzudämmen. Während der Coronapandemie
hatten Länder scharf kritisierte Ausfuhrstopps verhängt. Darunter war
auch Deutschland, das zeitweise keine Schutzkleidung über die
Landesgrenzen ließ. 

Mehr als 20 Organisationen, die sich für gerechte Teilhabe ärmerer
Länder einsetzen, kritisierten den Entwurf. Er gewährleiste nicht,
dass alle Länder zügig Pandemieprodukte oder Finanzierung für ihre
Gesundheitssysteme bekämen, enthalte aber schwer erfüllbare
Verpflichtungen zur Überwachung der Gesundheit. 

Sollte das Abkommen bei der WHO-Tagung verabschiedet werden, würde es
in Kraft treten, sobald es 60 Länder ratifiziert haben. Die
Bestimmungen würden nur für die Länder gelten, die das Abkommen auch

ratifiziert haben. Explizit im Text steht, dass die WHO niemals
Lockdowns, Reisebeschränkungen verhängen oder einen Impfzwang
einführen kann.