«Pharma-Reise» von Habeck - Branche sieht strukturelle Probleme

Zwei Tage nimmt sich Wirtschaftsminister Habeck Zeit, um
Pharma-Standorte in drei Bundesländern zu besuchen. Die Branche hat
klare Erwartungen.

Berlin (dpa) - Die Pharmabranche sieht strukturelle Probleme am
Standort Deutschland. «Wir haben ein schlechtes Quartett aus
überbordender Bürokratie, Fachkräftemangel, zu hohen Energiekosten
und bröckelnder Infrastruktur», sagte der Hauptgeschäftsführer des

Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, der
Deutschen Presse-Agentur vor einer «Pharma-Reise» von
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Zudem müsse die
Arzneimittelpolitik wieder deutlich innovationsfreundlicher werden.
«Auch muss sich Generika-Produktion in Deutschland wieder lohnen. Die
ersten Trippel-Schritte der Regierung bei Antibiotika und
Kinderarzneimitteln waren gut, weitere müssen folgen.»

Habeck bricht am Montag zu einer zweitägigen Reise zu
Pharma-Standorten in Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt auf. Er
besucht unter anderem große Konzerne wie Merck sowie Mittelständler.
Habeck will sich laut Ministerium ein Bild von den Herausforderungen
der Branche machen. Es solle darum gehen, wie die Voraussetzungen für
die Gesundheitswirtschaft in Deutschland verbessert werden könnten. 

Der Bundesarbeitgeberverband Chemie erklärte, die Chemie- und
Pharmaindustrie kämpfe mit Nachteilen wie hohen Energiekosten,
steigenden Arbeitskosten und ausufernder Bürokratie. «Wir verlieren
Wettbewerbsfähigkeit und haben 2023 nicht mehr produziert als 2005.
Parallel zu diesen Herausforderungen muss unsere Branche in die
Transformation investieren. Nachhaltigkeit, klimaneutrale Produktion
und Digitalisierung sind absolut geschäftsrelevant. Es ist
essenziell, dass die Transformation gelingt und der Strukturwandel
nicht zum Strukturbruch wird.» Es brauche allen voran eine
verlässliche Energiepolitik und weniger Bürokratie für die
Unternehmen, bessere Bildung, eine moderne Infrastruktur, mehr
Digitalisierung und langfristig tragfähige soziale
Sicherungssysteme. 

Bundesregierung will Standort stärken

Die Bundesregierung hatte Ende des vergangenen Jahres eine neue
Pharma-Strategie für die Branche beschlossen. Das Ziel: Deutschland
soll als Forschungs- und Produktionsstandort für die Pharmabranche
wieder attraktiver werden.  So sollen unter anderem schnellere
Zulassungsverfahren und unbürokratische Genehmigungen die
Arzneiforschung stärken. 

Die Pharmaproduktion habe sich in der Vergangenheit immer mehr auf
wenige Herstellungsstätten konzentriert, insbesondere in China und
Indien, hieß es. Diese Entwicklung habe zu mehr Abhängigkeit geführt.

Es soll Anreize geben, Arzneimittel-Produktionsstätten in Deutschland
anzusiedeln, zum Beispiel für Antibiotika oder Krebsmedikamente.

Das Wirtschaftsministerium teilte mit, während der Corona-Pandemie
habe es in der Folge Lieferengpässe bei der Grundversorgung von
wichtigen Arzneimitteln gegeben, wie zum Beispiel Fiebersaft für
Kinder und Antibiotika. Diese seien keineswegs behoben. Die
Versorgung der Patienten mit diesen wichtigen Arzneien sei
essentiell. Die Abhängigkeiten bei wichtigen Wirkstoffen solle
verringert werden. Das Ministerium arbeite aktuell unter anderem an
einer Anpassung des Vergaberechts - dieses solle einen wichtigen
Beitrag zur Ansiedlung von Herstellungsstätten in der EU leisten.

Große Entrup sagte, die ersten Vorschläge der Pharma-Strategie zur
Stärkung des heimischen Standortes seien gut und eine große Chance.
«Diese muss die Koalition jetzt konsequent und mit nachhaltiger
Wirkung umsetzen. Pharmaforschung und -produktion gehören zu
Deutschland. Beides wettbewerbs- und damit zukunftsfähig zu
gestalten, ist nicht nur unsere Erwartung, sondern eine
gesellschaftliche Notwendigkeit.»