Innenminister kritisiert Kiffer-Chaos - Kontrollen ungeklärt

Wer was überprüfen soll, scheint zum Start der Cannabis-Legalisierung
unklar. Brandenburgs Innenminister spricht von Chaos. Auch die Sorge
vor bekifften Autofahrern ist groß.

Potsdam/Wittstock (dpa/bb) - Zum Start der weitgehenden Freigabe des
Cannabiskonsums am 1. April herrscht aus Sicht von Brandenburgs
Innenminister Michael Stübgen noch Unklarheit bei den Kontrollen der
Regelungen. Der CDU-Politiker sprach von «Kifferchaos» und lehnt das
Cannabis-Gesetz ab. Es gibt Befürchtungen, dass auf Polizei, Justiz
und kommunale Behörden erhebliche Belastungen zukommen.
Cannabis-Raucher erwägen indes auch in Brandenburg, sich künftig
gemeinsam in Anbau-Gemeinschaften zu organisieren. 

Stübgen fordert rasches Handeln der Gesundheitsministerin

Innenminister Stübgen kritisierte: «Die Bundesregierung hat
fachlichen Unfug beschlossen. Ab 1. April soll zwar jeder Erwachsene
in der Öffentlichkeit kiffen dürfen, aber nicht überall und nicht zu

jeder Uhrzeit und der Stoff dafür bleibt auch erstmal illegal. Wie
man das verstehen soll, ist mir schleierhaft.» Zudem habe die
Bundesregierung offengelassen, wer für welche Kontrollen zuständig
sein werde, das müssten jetzt die Landesgesundheitsministerien
klären. Er erwarte, dass die zuständige Ministerin Ursula Nonnemacher
(Grüne), «die das Gesetz schließlich nachhaltig unterstützt hat»,

umgehend einen Regelungsvorschlag vorlege und mit den Kommunen
abstimme. 

«Ich werde nicht akzeptieren, dass das Kifferchaos auf dem Rücken der
Polizei oder der kommunalen Ordnungsämter ausgetragen wird», so
Stübgen. In der Brandenburger Regierungskoalition aus SPD, CDU und
Grünen hatte es im März bereits Streit wegen der Teil-Legalisierung
von Cannabis und dem Verhalten im Bundesrat gegeben. Ob und wie sich
etwa die Polizei auf die Cannabis-Neuregelung ab 1. April vorbereitet
hat, sagte das Innenministerium in Potsdam nicht. 

Auch die Kommunen scheinen noch nicht zu wissen, was auf sie zukommt.
Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sagte, er erwarte, dass die
Landesregierung die zuständigen Behörden zügig bestimme. «Eine
gesetzliche Aufgabe der örtlichen Ordnungsbehörden, alle
«Verbotszonen» um Schulen, Spielplätze und Sportstätten zu
kontrollieren und die Verletzung von Straftatbeständen zu ahnden,
sehen wir nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht.» 

Vorbereitungen zur Gründung von Anbau-Gemeinschaften

Der Bio-Landwirt Wilhelm Schäkel aus Wittstock/Dosse, der seit Jahren
Nutzhanf etwa für Baumaterialien anbaut, gehört zu den Befürwortern
des Gesetzes: «Es ist wichtig, dass der erste Schritt getan ist». Am
20. April folge die Gründung eines Cannabis Social Clubs auf der Burg
Goldbeck in Wittstock, sagte Schäkel. Es sei zwar ein Freund des
Cannabis-Freilandanbaus, «aber man muss da wahrscheinlich auf alte
Gewölbe oder leer stehende Stallanlagen zurückgreifen». Wo genau die

Cannabis-Pflanzen für den Anbau-Verein dann wachsen sollen, sei noch
nicht entschieden. «Es ist interessant, neue Sorten auszuprobieren
unter dem Dach einer Cannabis-Anbauvereinigung», meinte Schäkel, der
bislang auf 30 Hektar Nutzhanf anbaut. Auch in Cottbus und Frankfurt
(Oder) etwa gibt es laut Internet Vorbereitungen für die Gründung
eines Cannabis Social Clubs.

Das Gesetz erlaubt Besitz und Anbau der Droge für Volljährige zum 1.
April mit zahlreichen Vorgaben zum Eigenkonsum. Möglich werden per
Gesetz auch nicht-kommerzielle «Anbauvereinigungen» für Volljährige
,
in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis
gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben -
im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Sie können zum 1. Juli
starten.

Sorge vor bekifften Fahrern im Straßenverkehr 

Die Landesverkehrswacht Brandenburg rechnet damit, dass im
Straßenverkehr künftig mehr Fahrer bekifft unterwegs sind. «Nur weil

die Droge nun größtenteils legalisiert ist, bleibt das Fahren unter
Cannabis-Einfluss gefährlich», warnte der Präsident der
Verkehrswacht, Jörg Vogelsänger. Die brandenburgische Landesstelle
für Suchtfragen befürwortet die Teil-Legalisierung von Cannabis, hält

aber zugleich eine Verstärkung der Prävention für wichtig.
«Voraussetzung für eine gelungene Regulierung ist der Ausbau von
Präventionsangeboten vor Ort», sagte Geschäftsführerin Andreas
Hardeling. «Schon jetzt sind die Suchtberatungsstellen sehr
ausgelastet, so dass wir hoffen, dass die Beratungsstellen vor Ort
besser ausgestattet werden, um Menschen frühzeitig zu erreichen.»
 Beratung für Betroffene und Angehörige gibt es auch online unter
«www.suchtberatung.digital».