Der doppelte royale Feiertag - doch viele Baustellen für den König Von Benedikt von Imhoff, dpa

Zur Krönung von König Charles fuhr das Vereinigte Königreich auf, was

es an Pomp und Glamour zu bieten hatte. Ein Jahr später ist längst
nicht mehr alles Glanz und Gloria.

London (dpa) - Es dürfte selten vorkommen, dass sich Opa und Enkel
einen Ehrentag teilen. Doch bei der Royal Family ist genau das der
Fall: An diesem Montag (6. Mai) ist es ein Jahr her, dass König
Charles III. in einer pompösen Zeremonie gekrönt wurde - und sein
Enkel Prinz Archie wird am selben Tag fünf Jahre jung. Eine
gemeinsame Feier aber gibt es nicht. Grund ist auch die große
Differenz in der Familie, und das gilt nicht nur im Wortsinne. Die
Beziehung zwischen dem 75-jährigen Charles und Archie ist Sinnbild,
dass ein Jahr nach der Krönung in der königlichen Familie längst
nicht nur Glanz und Gloria herrscht.

Der Familienstreit

Dass sich das Verhältnis zwischen Prinz Harry - Archies Vater und
Charles' jüngerer Sohn - und dem britischen Monarchen wieder
normalisiert, ist erst einmal nicht zu erwarten, ist auch der Experte
Craig Prescott von der Royal Holloway University of London überzeugt.
Zu tief scheinen die Wunden im persönlichen Verhältnis. Harry und
Ehefrau Herzogin Meghan, die sich vor Jahren aus dem Königshaus
zurückgezogen hatten und mit Archie sowie Töchterchen Prinzessin
Lilibet in Kalifornien leben, hatten Charles und dem Rest der Royal
Family in Interviews, Dokumentationen und einem Buch schwere Vorwürfe
gemacht.

Leichte Annäherungen brachten bisher keinen Durchbruch. Als der König
Anfang Februar seine Krebsdiagnose öffentlich machte, reiste Harry
zwar umgehend - alleine - nach London. Doch das Treffen mit dem Vater
dauerte nur rund 45 Minuten. Am Mittwoch ist Harry wieder in der
britischen Hauptstadt. Dort nimmt er an einem Dankgottesdienst zum
zehnjährigen Bestehen der Invictus Games teil. Die Wettbewerbe für
kriegsversehrte Soldaten hatte der 39-Jährige selbst ins Leben
gerufen. Doch eine Begegnung mit Charles oder seinem älteren Bruder
Prinz William, dem Thronfolger, ist nicht vorgesehen, wie zu lesen
ist.

«Wer weiß, was auf lange Sicht passiert, aber es gibt keine Aussicht
auf eine Veränderung in den kommenden Jahren», sagt der
Verfassungsrechtler Prescott. Zwischen Harry und William scheine
tatsächlich Feindseligkeit zu herrschen. Ein Hinweis: Als vor einigen
Monaten bei einer Preisverleihung an ihre 1997 verstorbene Mutter
Prinzessin Diana erinnert wurde, wurde Harry später per Video mit den
Preisträgern zusammengeschaltet - und auch das erst, nachdem William
die Veranstaltung verlassen hatte.

Was macht Archie eigentlich?

Die Herzogin und der Herzog von Sussex, wie Meghans und Harrys
offizielle Titel weiterhin lauten, halten ihre Kinder aus der
Öffentlichkeit heraus. Aktuelle Fotos von Archie und Schwester
Lilibet, die Anfang Juni drei wird, gibt es nicht. Zuletzt war der
Sechste der britischen Thronfolge wenige Male 2022 in der
Netflix-Doku «Harry und Meghan» zu sehen. Dort war zu erfahren, dass
Archie Musik möge, vor allem von Elton John. 

Im selben Jahr berichtete Vater Harry der Zeitschrift «People», sein
Sohn störe gerne Videotelefonate. In seiner Netflix-Serie «Heart of
Invictus» sagte er: «Wenn ich mit meinem Sohn Archie darüber spreche,

was er werden will, wenn er groß ist, dann ist es manchmal Astronaut
und an anderen Tagen Pilot.»

Kurz vor Weihnachten 2023 erzählte Meghan, der Junge habe Interesse
an Kameras gezeigt, nachdem der Familienfreund und Fotograf Misan
Harriman ihn ein wenig in die Kunst eingewiesen habe. Sie hätten
Archie daraufhin eine Kamera geschenkt - und der Junge habe sich
beschwert, dass es kein Modell der Marke Leica sei, wie es Harriman
benutzt.

Der kranke Mann des Königreichs

Der König zeigt sich wieder in der Öffentlichkeit! Die Erleichterung
in den britischen Medien war zu spüren, als Charles am Dienstag eine
Krebsklinik in London besuchte und sich bestens gelaunt zeigte. Das
britische Staatsoberhaupt habe einen guten Eindruck hinterlassen,
urteilten Premierminister Rishi Sunak und Oppositionsführer Keir
Starmer. 

Doch die Erkrankung des Monarchen überschattet die Royal Family auch
nach drei Monaten noch. Gespannt wird gewartet, ob Charles nun zur
Normalität zurückkehren wird. Die Behandlung, so viel machte der
Palast deutlich, werde fortgesetzt. Termine sollen in Absprache mit
Ärzten stattfinden. Es bleibt also ein Risiko. Zumal mit Charles'
Schwiegertochter Prinzessin Kate eine weitere ranghohe Vertreterin
noch länger ausfällt.

Royals-Experte Prescott zeigt sich gelassen. Andere Mitglieder der
Royal Family hätten zusätzliche Aufgaben übernommen, etwa Charles'
Schwester Prinzessin Anne. «Vieles davon verlief ziemlich
reibungslos», urteilt Prescott. Auch Bruder Prinz Edward und dessen
Ehefrau Herzogin Sophie würden mehr wichtige Termine wahrnehmen. So
reiste Sophie jüngst im Auftrag der britischen Regierung in die
Ukraine.

Die englische Patientin

Die Sorge um die künftige Königin ist deutlich größer. Die Ehefrau

von Thronfolger William hatte ebenfalls eine Krebsdiagnose öffentlich
gemacht. Wie ihr Schwiegervater teilt Kate nicht mit, woran sie genau
leidet. Aber dass sie vorsorglich Chemotherapie erhält. Als der
Palast im Januar mitteilte, dass Kate sich einer Operation im
Bauchraum unterzogen habe, war noch von einer Rückkehr ins
Rampenlicht nach Ostern die Rede. Angesichts ihrer Erkrankung, die
danach entdeckt wurde, ist unklar, wie lange sie ausfallen wird. 

Dass das beliebteste Mitglied der Royals von der Bildfläche
verschwunden ist, sei in der Tat ein längerfristiges Problem, sagt
Prescott im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Denn solange
ihre Kinder Prinz George (10), Prinzessin Charlotte - seit Donnerstag
neun Jahre alt - und Prinz Louis (6) noch nicht alt genug sind, um
repräsentative Aufgaben wahrzunehmen, sind Kate und William die
jüngsten «Working Royals», die im Namen der Familie auftreten. Dabei

muss sich das Königshaus gerade um seine Akzeptanz bei jüngeren
Menschen Sorgen machen, wie Umfragen zeigen. Viele Baustellen für
König Charles.