Pflege im Heim noch teurer - Druck für Entlastung Von Sascha Meyer, dpa
Pflegebedürftige und ihre Familien müssen immer höhere Summen
stemmen, um einen Heimplatz zu bezahlen. Auch Kostendämpfer können
das nicht stoppen, wie neue Zahlen zeigen. Kommt eine große Reform?
Berlin (dpa) - Die Pflege im Heim wird für Bewohnerinnen und Bewohner
noch teurer. Die Zahlungen aus eigener Tasche während des ersten
Jahres in der Einrichtung überschritten jetzt im bundesweiten Schnitt
die Marke von 3.000 Euro im Monat, wie eine Auswertung des Verbands
der Ersatzkassen ergab. Mit Stand 1. Juli waren durchschnittlich
3.108 Euro fällig. Das sind 124 Euro mehr als zum 1. Januar und 237
Euro mehr als zum 1. Juli 2024. In laufenden Beratungen für eine
große Pflegereform wächst der Druck für Entlastungen damit weiter.
Erhebliche Unterschiede in den Ländern
Im Vergleich der Bundesländer am teuersten ist die Pflege im ersten
Jahr im Heim jetzt in Bremen mit durchschnittlich 3.449 Euro im
Monat. Nordrhein-Westfalen folgt mit 3.427 Euro. Am niedrigsten war
die Belastung zum 1. Juli in Sachsen-Anhalt mit 2.595 Euro und
Mecklenburg-Vorpommern mit 2.752 Euro.
In den Summen ist zum einen ein Eigenanteil für die reine Pflege und
Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als
die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für
Bewohnerinnen und Bewohner im Heim kommen dann noch Zahlungen für
Unterkunft und Verpflegung, Investitionen in den Einrichtungen und
Ausbildungskosten hinzu.
Fast 200 Euro im Monat mehr nur für die reine Pflege
Grund für immer höhere Belastungen der Pflegebedürftigen seien
steigende Personal- und Lebenshaltungskosten, erläuterte der
Ersatzkassenverband. So ging der Eigenanteil nur für die reine Pflege
im bundesweiten Schnitt auf jetzt 1.862 Euro im Monat hoch - 184 Euro
mehr als Mitte vergangenen Jahres. Stark zu Buche schlägt da eine
bessere Bezahlung dringend benötigter Pflegekräfte.
Aber auch Unterhalt und Verpflegung kosten mehr, nämlich
durchschnittlich jetzt 1.018 Euro im Monat und damit plus 63 Euro im
Vergleich zu Juli 2024. Ausgewertet wurden Vergütungsvereinbarungen
der Pflegekassen mit Heimen in allen Ländern, wie der Verband der
Ersatzkassen erläuterte. Zu ihm gehören etwa die Techniker
Krankenkasse, die Barmer und die DAK-Gesundheit.
Teure Kostendämpfer
Um die Mehrkosten zu mildern, bekommen Pflegebedürftige seit 2022
neben den Leistungen der Pflegekassen auch Entlastungszuschläge, die
sich nach der Aufenthaltsdauer richten. Der Eigenanteil nur für die
reine Pflege wird damit im ersten Jahr im Heim um 15 Prozent
gedrückt, im zweiten um 30 Prozent, im dritten um 50 Prozent und ab
dem vierten Jahr um 75 Prozent. Doch auch mit dem höchsten Zuschlag
legten die Belastungen auf niedrigerem Niveau zu - im Schnitt auf nun
1.991 Euro im Monat. Das waren 126 Euro mehr als Mitte 2024.
Die Vorstandschefin des Ersatzkassenverbands, Ulrike Elsner, sagte,
die Eigenbeteiligung steige seit Jahren kontinuierlich an.
Heimbewohnern seien Belastungen in dieser Größenordnung nicht mehr
zuzumuten. Um schnell etwas zu ändern, müssten die Länder ihre
Verantwortung zur Übernahme der Kosten für Investitionen und
Ausbildung erfüllen - allein ein Wegfall der Umlagen für
Investitionen brächte eine monatliche Entlastung durchschnittlich 507
Euro.
Arbeitsgruppe soll schnell Vorschläge liefern
Nach umfassenderen Lösungen suchen soll eine Arbeitsgruppe von Bund
und Ländern, die gerade die Arbeit aufnahm. Ergebnisse sollen bis
Jahresende vorliegen. «Pflege darf kein Armutsrisiko sein», gab
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) als eines der Ziele aus.
Dabei geht es auch um die Stabilisierung der Pflegeversicherung, die
in diesem Jahr auf ein kleines Minus zusteuert. Schon um neue
Beitragserhöhungen 2026 abwenden, fehlt aber noch Geld.
Generell gehen die Probleme tiefer. Im vergangenen Jahr seien 30
Prozent der Leitungsausgaben der Pflegeversicherung für die
vollstationäre Pflege im Heim geflossen, obwohl nur 12,6 Prozent der
Pflegebedürftigen diese Leistung erhielten, erläuterte der
Bundesrechnungshof in einem Bericht für den Bundestag.
Ausgabentreiber sind demnach auch die Entlastungszuschläge, bei denen
für dieses Jahr ein Kostensprung auf 7,3 Milliarden Euro erwartet
wird.
Palette an Forderungen
Diverse Reformvorschläge liegen längst auf dem Tisch: von mehr
Steuergeld über Deckel für die Eigenanteile bis zu einem Umbau zu
einer Vollversicherung, die alle Pflegekosten trägt.
«Pflegebedürftigkeit darf die Menschen nicht zum Sozialfall werden
lassen», mahnte der Sozialverband Deutschland. Die Pflegekassen
fordern vom Bund, Ausgaben aus Corona-Zeiten zu erstatten und
Rentenbeiträge für pflegende Angehörige zu tragen. Die
Verbraucherzentralen äußerten sich skeptisch zu Zusatzversicherungen.
Der Bundesrechnungshof schrieb: «Es fehlt nicht an Erkenntnissen,
sondern am Willen zur Umsetzung».
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.