Millionen Patienten schauen noch nicht in ihre E-Akte Von Sascha Meyer, dpa
Wenn es um Gesundheit geht, soll ein Kürzel zum Alltag werden: ePA.
Gemeint sind neue digitale Dokumentenspeicher, die auch Versicherten
mehr Transparenz bieten. Man muss dafür aber aktiv werden.
Berlin (dpa) - Für wichtige Gesundheitsdaten wie Untersuchungsbefunde
und Laborwerte haben die allermeisten gesetzlich Versicherten
inzwischen auch eine elektronische Patientenakte (ePA). Millionen
benutzen sie bisher aber noch nicht für sich selbst, um hineinzusehen
oder sensible Angaben zu sperren.
Bei der Techniker Krankenkasse (TK), den Allgemeinen
Ortskrankenkassen (AOK) und der Barmer mit zusammen gut 44 Millionen
eingerichteten E-Akten werden derzeit rund 1,2 Millionen aktiv
genutzt, wie die Kassen auf Anfrage mitteilten. Verbraucherschützer
fordern, dass rasch mehr nützliche Funktionen kommen.
Die Chefin des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, sagte der
Deutschen Presse-Agentur: «Bisher ist die Zahl der Versicherten, die
sich in ihre elektronische Patientenakte einloggen, noch
überschaubar. Das wird sich ab Oktober hoffentlich ändern, denn ab
dann sind Ärztinnen und Ärzte gesetzlich verpflichtet, die ePA zu
nutzen und mit relevanten Dokumenten zu befüllen.» TK-Chef Jens Baas
sagte der dpa: «Wir sind jetzt in der Phase, in der die ePA in der
breiten Bevölkerung ankommen muss.» Nur wenn die Akte gefüllt sei und
sich im Alltag etabliere, könne sie ihr Potenzial für die Versorgung
entfalten.
Mehr und mehr Praxen sollen E-Akten befüllen
Nach einer Reform der Ampel-Koalition haben 70 Millionen der gut 74
Millionen gesetzlich Versicherten seit Januar eine E-Patientenakte
von ihrer Kasse bekommen. Wer keine möchte, muss aktiv widersprechen.
Der Einsatz in Praxen und Kliniken wird nach einer Testphase derzeit
bundesweit ausgedehnt. Dabei können Ärzte und Ärztinnen die ePA
befüllen und einsehen, auch wenn Versicherte sie nicht selbst aktiv
verwenden. Das Zugriffsrecht für die Praxen ist da, wenn man die
Versichertenkarte am Anmeldetresen einsteckt - standardmäßig für 90
Tage.
Für die Patienten gilt: Man kann sich in die ePA einloggen, muss es
aber nicht. Nur wenn man es tut, kann man aber online festlegen,
welche Ärzte welche Daten sehen können und was lieber nicht. Die
Deutsche Stiftung Patientenschutz rät daher, die Apps der Kassen zu
nutzen. Sonst könne jeder Gesundheitsdienstleister alles sehen.
Fürs erste Verwenden der App muss man sich jedoch zunächst einmalig
identifizieren und freischalten lassen. Dafür braucht man einen
elektronischen Personalausweis mit Geheimnummer (Pin) oder die
E-Gesundheitskarte mit Pin, die auf Antrag von der Kasse kommt.
Bei der TK als größter Kasse sind elf Millionen E-Akten angelegt,
aktiv nutzen sie aktuell 750.000 Versicherte. Bei der Barmer sind es
7,8 Millionen ePAs und etwa 250.000 aktive Nutzerinnen und Nutzer.
Bei den bundesweit elf AOK mit 25,8 Millionen E-Akten haben bisher
200.000 Versicherte eine digitale Identität als Zugangsweg erstellt.
Insgesamt gibt es nach Angaben der mehrheitlich bundeseigenen
Digitalagentur Gematik 3,1 Millionen solcher «Gesundheits-IDs».
Gebündelte Daten für bessere Behandlungen
Die Kassen setzen auf eine zunehmende Nutzung der ePA, die Patienten
ein Leben lang begleiten soll. Das Bündeln sonst verstreuter oder
fehlender Daten soll bessere Behandlungen ermöglichen und
Mehrfachuntersuchungen vermeiden. Laut Gematik wurden zuletzt
wöchentlich 40 Millionen E-Akten in Praxen, Kliniken und Apotheken
geöffnet. Gut 70.000 Einrichtungen machen mit, wobei es bis zu
160.000 sein könnten. Der Kassen-Spitzenverband spricht von einem
«zufriedenstellenden Start». Es zeige sich aber auch, dass für eine
echte Digitalisierung des Gesundheitswesens noch einiges zu tun sei.
Umfragedaten zeigten, dass viele Versicherte interessiert seien,
Gesundheitsdaten wie Arztbriefe oder Labordaten über ihre ePA
einzusehen, sagte AOK-Chefin Reimann. Neue nützliche Funktionen
dürften die Nutzung zusätzlich fördern. So gibt es schon eine Liste
der eingenommenen Medikamente. Dazukommen soll bald aber auch ein
Medikationsplan mit Angaben etwa zu Arznei-Dosierungen.
Weitere Funktionen sollen kommen
Ein Update mit einigen neuen Funktionen stellte die Gematik gerade
vor. So soll schrittweise eine Variante an den Start kommen, mit der
man die ePA außer per Smartphone auch am PC verwalten kann. Gebraucht
wird dann ein Lesegerät für die elektronische Gesundheitskarte.
Möglich werden soll außerdem, eine aus den eingelösten E-Rezepten
gespeiste Medikamentenliste in der ePA nur für bestimmte Praxen zu
verbergen - und nicht immer gleich für alle. Dies soll verhindern
können, dass Rückschlüsse auf sensible Erkrankungen möglich sind.
Aus Sicht der Verbraucherzentralen ist das eine entscheidende
Verbesserung, aber auch nur ein Anfang. Auch bei Befunden und
Abrechnungsdaten müssten Patienten selbstbestimmt entscheiden können,
welche Einrichtungen worauf Zugriff erhalten. Es sei nicht zwingend
nötig, «dass die Zahnarztpraxis von der Psychotherapie erfährt»,
sagte der Gesundheitsexperte des Bundesverbands, Lucas Auer. Auch
relevante Informationen wie der Impfpass, Bonushefte oder
Röntgenaufnahmen müssten bald über die E-Akte abrufbar sein. «Denn
nur, wenn die ePA einen spürbaren Nutzen bietet, wird sie breite
Akzeptanz finden.»
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