Schutz vor Gebärmutterhalskrebs - Warum die Impfquote so niedrig ist Mia Bucher, dpa
Eine Impfung gegen Humane Papillomviren kann vor verschiedenen
Tumoren schützen. Trotzdem sind die Impfquoten in Deutschland
niedrig. Woran liegt das?
Berlin (dpa) - Humane Papillomviren (HPV) gehören weltweit zu den
häufigsten sexuell übertragenen Infektionen. Fast jeder sexuell
aktive Mensch infiziert sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts
(RKI) mindestens einmal im Leben damit. Je nach Virustyp - insgesamt
gibt es 200 verschiedene - kann eine Infektion ohne Folgen bleiben.
Meistens merken Menschen dann nicht, dass sie infiziert sind, und die
Infektion verschwindet wieder.
Doch in seltenen Fällen kann sie Krebs auslösen. Dazu gehören vor
allem Gebärmutterhalskrebs, aber auch Peniskrebs, Analkrebs und Krebs
im Mund-Rachen-Bereich. Laut RKI wird weltweit etwa die Hälfte aller
infektionsbedingten Krebserkrankungen durch HPV verursacht.
Die gute Nachricht ist: Es gibt eine Impfung, die laut RKI zu fast
100 Prozent vor bestimmten HPV-Typen schützt. Aber: Zu wenige
Menschen nutzen sie. Das zeigen erneut Zahlen, die am Dienstag von
der Barmer Krankenkasse veröffentlicht wurden. Demnach waren 2022 nur
60 Prozent der Mädchen im Alter von 14 Jahren vollständig gegen HPV
geimpft. Bei Jungen lag die Impfquote mit einem Anteil von 25 Prozent
bei 13-Jährigen noch wesentlich niedriger. Eine HPV-Impfung für
Jungen zwischen 9 und 14 Jahren wird jedoch erst seit 2018 empfohlen,
weshalb der Barmer für das Jahr 2022 noch keine aussagekräftigen
Daten für 14-Jährige vorliegen.
Niedrige Impfquote «besorgniserregend»
«Die geringe Impfquote ist besorgniserregend», sagte Nobila
Ouédraogo, Public-Health-Experte beim Deutschen
Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die Barmer-Studie zeige,
dass die Impfquote in den vergangenen Jahren zwar insgesamt leicht
gestiegen sei, der Zuwachs sich aber deutlich verlangsamt habe. «Wir
kommen weiter voran, aber wir werden immer langsamer», sagte
Ouédraogo der Deutschen Presse-Agentur.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die HPV-Impfung seit
2007 für Mädchen und seit 2018 auch für Jungen im Alter von 9 bis 14
Jahren. Für einen Schutz sind zwei Impfungen im Abstand von
mindestens fünf Monaten notwendig. Eine verpasste Immunisierung
sollte bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden.
Mangelnde Aufklärung mögliche Ursache
Vor allem von 2021 auf 2022 hat die Impfaktivität laut Barmer
nachgelassen. Das könne unter anderem mit einem Rückgang der
Arztbesuche während der Corona-Pandemie zusammenhängen, schätzt
Ouédraogo. Mangelnde Aufklärung, eine allgemeine Impfmüdigkeit und
das Fehlen von Schulimpfprogrammen seien weitere
Erklärungsmöglichkeiten.
HP-Viren werden nach DKFZ-Angaben vor allem beim Sex übertragen.
Sowohl Frauen als auch Männer können sich infizieren. Je nach HPV-Typ
können später unterschiedliche Symptome auftreten. Sogenannte
Niedrigrisiko-HPV-Typen können zu Hautwarzen an Gesicht, Füßen oder
Händen sowie zu Genitalwarzen führen, die zwar eher harmlos, aber zum
Teil schmerzhaft sind.
HPV-Hochrisikotypen anfangs ohne Symptome
Hochrisikotypen, die Krebs auslösen können, hingegen verursachen
anfangs keine Symptome. Für Frauen ab 35 Jahren ist ein HPV-Test
daher seit einigen Jahren Teil des Früherkennungsprogramms für
Gebärmutterhalskrebs. Frauen zwischen 20 und 34 Jahren erhalten beim
Frauenarzt einen Abstrich am Gebärmutterhals, um mögliche
Zellveränderungen aufzuspüren.
Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland jährlich etwa 7.700
Menschen aufgrund einer HPV-Infektion an Krebs, wie das DKFZ
informiert. Bevor es ein Früherkennungsangebot in Deutschland gab,
war das Zervixkarzinom - ein bösartiger Tumor des Gebärmutterhalses -
demnach die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Inzwischen sei es
wesentlich seltener geworden. Und die Effekte der Impfung sollten
sich laut RKI in den kommenden Jahren zeigen.
Kondome bieten keinen zuverlässigen Schutz
Kondome bieten nach DKFZ-Angaben keinen absolut zuverlässigen Schutz
gegen HPV, daher sei die Impfung der sicherste Schutz. Dass diese
bereits ab einem Alter von neun Jahren verabreicht werden kann, sei
Eltern zum Teil schwer zu vermitteln, sagt die Sprecherin des
Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), Tanja
Brunnert. «Wenn wir das Wort sexuell übertragbare Erkrankungen in den
Mund nehmen, ist manchmal eine unheimlich große Hemmung und auch
Scham da», erklärt Brunnert, die eine Praxis in Göttingen betreibt.
«Es gibt viele Eltern, die sagen, das muss man doch nicht mit neun
machen, das können wir ja so mit zwölf, dreizehn machen.»
Für Brunnert ist das einer der Gründe für die niedrige Impfquote.
Dabei sprechen Kinder ihren Angaben zufolge sehr gut auf die Impfung
an, wenn sie noch sehr jung sind. «Je früher, desto besser.»
Trotzdem stünden viele Eltern der Impfung sehr kritisch gegenüber.
Als der Impfstoff zugelassen wurde, gab es laut Brunnert viele
kritische Stimmen, auch aus Fachkreisen. «Das hängt uns tatsächlich
nach wie vor nach, obwohl wir um die gute Verträglichkeit und
Wirksamkeit der Impfung wissen.» Umso wichtiger sei, dass
Kinderärztinnen und Kinderärzte gute Aufklärung betrieben. Und auch
wenn das im stressigen Arbeitsalltag nicht immer einfach sei: Jeder
Termin müsse genutzt werden, um den Impfstatus zu kontrollieren.
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