Arzt nach geplatztem Prozess wegen Impfmanipulationen nicht gefasst

Es sollte einer der größten deutschen Prozesse um manipulierte
Corona-Impfungen werden. Doch der Angeklagte kam einfach nicht.
Mittlerweile suchen die Ermittler ein halbes Jahr nach dem Hausarzt.

Augsburg (dpa/lby) - Rund ein halbes Jahr nach dem Untertauchen eines
wegen zahlreicher falscher Impfungen angeklagten Hausarztes gibt es
weiter keine Spur von dem Mann. Der Haftbefehl gegen den 74-Jährigen
sei noch immer in Kraft, sagte ein Sprecher des Augsburger
Landgerichtes. Weitere Erkenntnisse über den Aufenthaltsort des
Mediziners gebe es aber nicht.

Im Juni sollte vor dem Landgericht ein großer Prozess wegen Hunderter
mutmaßlich manipulierter Corona-Impfungen beginnen. Die Strafkammer
hatte zwei Dutzend Verhandlungstage bis November geplant. Doch als
die Vorsitzende Richterin die Verhandlung eröffnete, fehlte der Arzt
auf der Anklagebank.

Der Mann hatte sich abgesetzt - auch sein Verteidiger hatte keine
Erklärung für das Verschwinden. Die Kammer erließ umgehend einen
Haftbefehl gegen den Mann, doch die Kripo konnte den Beschuldigten
kurzfristig nirgends finden. Seitdem wird weiter nach dem Arzt
gefahndet. Ob der geplatzte Prozess nachgeholt werden kann, ist
insofern bislang völlig unklar.

Scheinimpfungen und Schonimpfungen

Der Mediziner soll in seiner Praxis im schwäbischen Wemding nördlich
von Donauwörth im Jahr 2021 bei 176 Patienten Scheinimpfungen
vorgenommen haben. Den Impfstoff soll der Mann entsorgt und den
eigentlich Impfwilligen nur leere Spritzen ins Gesäß gestochen haben,
zumeist ohne dass diese das bemerkten. Die Staatsanwaltschaft geht
von 314 manipulierten Erst- und Zweitimpfungen aus.

Daneben soll der Allgemeinmediziner bei impfkritischen Bürgern als
Anlaufstelle bekannt gewesen sein - für Bescheinigungen ohne echte
Impfung. Er soll laut Anklage in mindestens 49 Fällen solche nicht
vorgenommenen Impfungen bescheinigt haben. In der Szene soll dies als
«Schonimpfung» bekannt gewesen sein.

Strafverfahren auch gegen viele Patienten

Tatsächlich gab es nach den Ermittlungen eine noch größere Zahl von
Patienten, die diese Scheinimpfung bewusst in Anspruch genommen
haben. Denn parallel zu dem Verfahren gegen den Hausarzt liefen auch
zahlreiche Strafermittlungen gegen Patienten. Diese mussten sich dann
am Amtsgericht in Nördlingen verantworten.

Nach früheren Angaben des dortigen Gerichts wurden schon vor dem
Hauptverfahren am Landgericht Augsburg rund 80 Verfahren mit etwa 100
Angeklagten verhandelt. Im Regelfall endeten die Verhandlungen mit
Geldstrafen für die Patienten. Es habe nur wenige Freisprüche
gegeben, erklärte eine Gerichtssprecherin.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war gegen den Hausarzt ein
vorläufiges Berufsverbot erlassen worden. In dem vielleicht doch noch
stattfindenden Prozess am Landgericht soll auch geprüft werden, ob
das Berufsverbot dauerhaft angeordnet wird. Der 74-Jährige ist wegen
vorsätzlicher Körperverletzung, Betrugs und wissentlich unrichtiger
Dokumentation von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus angeklagt.