Experten: Hohe Corona-Folgekosten durch Erkrankungen bei Kindern

Monatelang waren während Corona Schulen geschlossen oder nur
eingeschränkt in Betrieb, Freizeitveranstaltungen und Sport fielen
aus, Kinder und Jugendliche saßen zu Hause. Die gesundheitlichen
Folgen werden langfristig auch für die Gesellschaft teuer.

Berlin (dpa) - Nach Einschätzung von Wissenschaftlern könnten während

der Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen entstandene oder
verstärkte Angststörungen, Essstörungen und Depressionen hohe
wirtschaftliche und soziale Folgekosten nach sich ziehen. Die
wirtschaftlichen Kosten durch spätere mögliche Arbeitsunfähigkeit
werden demnach auf zwei bis vier Milliarden Euro pro Jahr und die
Kosten durch mögliche Arbeitslosigkeit in Folge dieser Erkrankungen
auf 550 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Hinzu
kommen geschätzte Gesundheitskosten von bis zu 328 Millionen Euro pro
Jahr.

Die Zahlen zweier Forschungsteams des Universitätsklinikums Ulm und
der Universität Hamburg wurden am Donnerstag in Berlin im Rahmen
einer Pressekonferenz von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne)
vorgestellt.

In der Untersuchung heißt es einschränkend, es handele sich um eine
Schätzung und «grobe Annäherung» an Kosten. So werde sich erst in d
en
nächsten Jahren zeigen, ob durch die Pandemie Kinder und Jugendliche
mit Angststörungen und Depressionen auch im Erwachsenenalter deutlich
häufiger als bisherige Generationen unter diesen psychischen
Krankheitsbildern litten. «Trotz der in der Natur einer Prognose
liegenden Unwägbarkeiten wird deutlich, dass die Folgekosten auf den
verschiedenen Ebenen markant sein werden», heißt es aber auch.

Die Pandemie wirke bei Kindern und Jugendlichen noch lange nach,
sagte Paus. «Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen haben tiefe

Spuren hinterlassen. Mehr junge Menschen als vor der Pandemie leiden
an Depressionen, Angststörungen und Essstörungen. Bei etlichen ist
die Mediennutzung regelrecht aus dem Ruder gelaufen.»

Die Grünen-Politikerin verwies auf verschiedene Hilfsmaßnahmen ihres
Ministeriums. So sollen nach den Sommerferien in einem Modellprogramm
an mehr als 100 Schulen «Mental Health Coaches» eingesetzt werden.
Die Sozialpädagogen sollen sich in Gruppenangeboten unter anderem
präventiv um die Stärkung von Resilienz (psychische Widerstandskraft)
kümmern.

Paus startete am Donnerstag außerdem gemeinsam mit der KJSH-Stiftung
und deren Plattform «JugendNotmail» ein neues Hilfsangebots für
Kinder und Jugendliche: Die App «Junoma» soll rund um die Uhr als
«kostenloses, niedrigschwelliges und datensicheres
Online-Beratungsangebot» zur Verfügung stehen. Kinder und Jugendliche
können dort zum Beispiel per Chat mit Beratern in Kontakt treten.