RKI: Weitere Vergiftungen nach Botox-Magenbehandlung gemeldet

Gewicht reduzieren durch schnellere Sättigung: Botox-Injektionen in
die Magenwand werden etwa für Menschen beworben, die bislang mit Diät
und Sport nicht abnehmen konnten. Das endete in der Türkei nun in
manchen Fällen mit Vergiftungen.

Berlin (dpa) - Die Zahl der bekanntgewordenen Vergiftungsfälle in
Deutschland nach speziellen Magenbehandlungen mit Botox in der Türkei
ist auf zwölf gestiegen. Sie verteilen sich auf fünf Bundesländer,
wie das Robert Koch-Institut (RKI) auf Anfrage mitteilte. Um welche
es sich handelt, wurde nicht gesagt. Vergangene Woche war zunächst
von neun gemeldeten Fälle von sogenanntem Botulismus nach Injektionen
von Botulinum-Toxin in die Magenwand die Rede. Das RKI hielt
angesichts der anfangs eher unspezifischen Symptome weitere
Erkrankungsfälle für möglich.

Ein Verband für Infektionskrankheiten in der Türkei hatte vorige
Woche von Fällen bei Türken und Ausländern berichtet. Die Patienten
hätten sich alle dem sogenannten «Magen-Botox» unterzogen, das
hauptsächlich zur Gewichtsreduktion eingesetzt werde.

Diese Behandlung sieht eine deutsche Fachgesellschaft mit Skepsis.
«Der Nutzen dieses Eingriffs ist bisher nicht gut genug belegt. Wir
beobachten das kritisch und sprechen keine Empfehlung aus», sagte der
Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhethisch-Plastischen
Chirurgen (VDÄPC), Detlev Hebebrand. Im seriösen Bereich gebe es für

Magen-Botoxbehandlungen in Deutschland bisher keinen großen Markt.

«Der Effekt einer solchen Behandlung dürfte kaum länger als etwa
sechs Monate anhalten», sagte Hebebrand. «Dabei ist fraglich, ob der
Nutzen des Eingriffs überhaupt über den Effekt eines
Scheinmedikaments hinausgeht.» An Beobachtungsstudien nähmen Menschen
mit Motivation zum Abnehmen teil, was die Ergebnisse verzerren könne.

«Bei diesen Magenbehandlungen werden wesentlich höhere Botox-Mengen
eingesetzt als etwa gegen Falten im Gesicht», sagte der Facharzt für
Plastische und Ästhetische Chirurgie aus Rotenburg. Es sei unklar,
wie lange es dauert, bis der Stoff im Körper wieder abgebaut wird.

Es handelt sich um ein endoskopisches Verfahren, das durch den Mund
und ohne Vollnarkose durchgeführt wird. In der Folge soll sich die
Magenbewegung verringern. Ziel ist eine länger anhaltende Sättigung.

Mehrere Anbieter in der Türkei beschreiben den Eingriff im Internet
auf Deutsch, teils mit Vorher-Nachher-Fotos. Ergänzend wird teilweise
zu bewusster Ernährung geraten. Als Nebenwirkungen werden zum
Beispiel Übelkeit und Verdauungsstörungen angegeben. Was bei den
Behandlungen in der Türkei schief ging, ist bislang unklar.

Das RKI hatte Menschen, die seit dem 22. Februar eine solche
Magenbehandlung in Istanbul erhalten hatten und Symptome haben,
aufgerufen, zum Arzt zu gehen. Typische Anzeichen seien Seh- und
Sprachstörungen und Schwäche in Armen und Beinen. Hinzu kommen laut
Behörde Schluck- und Atembeschwerden, die üblicherweise zwischen drei
bis zehn Tagen nach der Behandlung auftreten. Die Krankheit
Botulismus ist laut RKI selten, «jedoch sehr ernst». Sie werde von
hochgiftigen Botulinum-Neurotoxinen verursacht.