ÖPNV-Maskenpflicht fällt in zwei Bundesländern

In Bussen und Bahnen ist die Maske noch Pflicht. Erste Bundesländer
schaffen diese nun aber ab. Andere Länder wollen noch nicht
nachziehen. Die Reaktionen aus der Bundesregierung sind gespalten.

Berlin (dpa) - Erste Bundesländer schaffen die Pflicht zum Tragen
einer Atemschutzmaske im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ab.
Die Kabinette von Bayern und Sachsen-Anhalt begründeten ihre
Entscheidungen am Dienstag mit einer stabilen Infektionslage. Während
CDU und FDP die Entscheidung begrüßten und weitere Schritte
forderten, kritisierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD) das Vorpreschen.

Nachdem die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) am Montag keine
gemeinsame Linie zur Maskenpflicht im ÖPNV vereinbaren konnte, gehen
nun Bayern und Sachsen-Anhalt voran. In Bayern etwa soll es ab dem
10. Dezember statt einer Maskenpflicht nur noch eine Empfehlung zum
Tragen der Maske in Bus und Bahn geben. Bayerns Gesundheitsminister
Klaus Holetschek (CSU) sagte zur Begründung, das Coronavirus mache
nicht mehr den Hauptteil der Viruserkrankungen aus - Influenza und
RS-Virus hätten viel höhere Anteile bei den Erkrankten in
Krankenhäusern. Insofern sei eine Maskenpflicht zum Schutz vor dem
Coronavirus nicht mehr verhältnismäßig. Bezüglich der
Corona-Situation schrieb Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf
Twitter: «Die Infektionslage ist seit langem stabil.»

Auch Sachsen-Anhalt setzt künftig auf Freiwilligkeit beim Tragen von
Masken im Personennahverkehr. Die Pflicht soll hier schon zum 8.
Dezember fallen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff
(CDU) begründete die Entscheidung mit der Impfquote und der geringen
Belastung des Gesundheitssystems durch Covid-19-Fälle. Der Anteil der
Corona-Infizierten in den Krankenhäusern liege unter drei Prozent,
sagte Haseloff. Andere Krankheitsbilder und Viren seien dominierend.
Haseloff verwies zudem auf die Grundimmunisierung von 74 Prozent über
alle Bevölkerungs- und Altersgruppen hinweg. Bei den über 60-Jährigen

seien es 90 Prozent.

Schleswig-Holstein will in der nächsten Woche über ein Ende der
Maskenpflicht in Bus und Bahn entscheiden. Ministerpräsident Daniel
Günther (CDU) hatte vor drei Wochen bereits als Ziel verkündet, die
bis Jahresende befristete Maskenpflicht nicht zu verlängern.
Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Hessen, Baden-Württemberg, das Saarland
und Mecklenburg-Vorpommern halten zunächst weiter an der
Maskenpflicht fest, wie die Landesregierungen am Dienstag deutlich
machten.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach sieht das Ende der Maskenpflicht
im ÖPNV kritisch. «Ich bin einfach davon nicht überzeugt», sagte de
r
SPD-Politiker am Dienstag in Berlin mit Blick auf die Pandemielage.
In der GMK hätten er und der Präsident des Robert Koch-Instituts
(RKI), Lothar Wieler, am Montag nochmals deutlich gemacht, dass es
keine Gründe gebe, jetzt zu sagen, man könne auf Masken und auf die
Isolation von Corona-Infizierten verzichten. Lauterbach verwies auf
eine zu erwartende ansteckendere Virusvariante, dazu nun auch andere
RS-Viren und eine Grippewelle.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte auf Twitter und in einem
Interview dagegen, im Fernverkehr nachzuziehen. «Wir sollten die
Maskenpflicht im Fernverkehr endgültig streichen und durch eine
Empfehlung ersetzen», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Das solle noch vor Weihnachten passieren. Schließlich sei es
kompliziert zu erklären, warum in manchen Züge Maske getragen werden
müsse und in anderen nicht.

Ähnlich wie Dürr positionierte sich FDP-Chef Lindner. Es sei eine
«richtige Entscheidung», dass Bayern bei den Corona-Schutzmaßnahmen
wieder stärker auf die Eigenverantwortung setze, schrieb der
Bundesfinanzminister auf Twitter. «Hoffe, dass dieser Entschluss bald
auch bundesweit Schule macht», fügte Lindner hinzu.

Die Deutsche Bahn machte deutlich, dass sie sich an den gesetzlichen
Vorgaben orientieren werde - auch wenn sie sich zwischen den
Bundesländern unterscheiden. «Für den Fernverkehr gelten
bundeseinheitliche Vorgaben. Diese greifen deutschlandweit in den
ICE- und Intercity-Zügen», teilte eine Bahn-Sprecherin in Leipzig
mit. «In Nahverkehrszügen sowie in Bahnhöfen gelten die jeweiligen
Regelungen der Länder.»

Die CDU warnte vor dem «nächsten Flickenteppich» in Bezug auf
Corona-Regeln. Statt eine einheitliche Regelung für den öffentlichen
Nahverkehr einzuführen, sorge die Ampel-Regierung für Verwirrung und
Frust unter Betroffenen, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Bareiß.

Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßte das Aus für die
Maskenpflicht im ÖPNV. «Es gibt weder aus dem Ausland, wo seit
Monaten keine Maskenpflicht in Bussen und Bahnen mehr herrscht, noch
aufgrund uns bekannter wissenschaftlicher Studien Erkenntnisse, dass
die Infektionszahlen außergewöhnlich steigen, wenn im ÖPNV keine
Maske mehr getragen wird», sagte Sprecher Lars Wagner. Ähnlich
äußerte sich Martin Burkert, Chef der Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft (EVG). «Keiner kann mehr nachvollziehen, warum
in den Fernverkehrszügen noch Maskenpflicht herrscht», sagte er der
Deutschen Presse-Agentur.