Vier Länder für Ende der Isolationspflicht - Lauterbach lehnt ab

Zurück zur Normalität: Baden-Württembergs Gesundheitsminister Lucha

und drei seiner Kollegen wollen die Isolationsregeln bei Corona
aufheben. Doch Bundesminister Lauterbach denkt gar nicht daran.

Stuttgart/Berlin (dpa) - Baden-Württemberg und drei andere
Bundesländer machen Druck auf den Bund, die Isolationspflicht für
Corona-Infizierte zu beenden. Gemeinsam mit Bayern, Hessen und
Schleswig-Holstein forderte das Land Gesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) in einem Schreiben auf, dafür zu sorgen, dass das
Robert Koch-Institut (RKI) die Regeln nun schnell ändert. Der Brief
liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Lauterbach wies den Vorstoß
umgehend zurück.

«An die Corona-Isolationspflicht werden wir nicht herangehen», sagte
er am Dienstag in Berlin. Angesichts momentan steigender Fallzahlen
wolle man «nicht noch Öl ins Feuer gießen» und das Risiko erhöhen
,
dass es in Betrieben oder bei Zusammenkünften zu Infektionen komme.
Daher sei es nicht sinnvoll, auf die Isolationspflicht zu verzichten.

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne)
argumentierte dagegen: «Wir sollten nach und nach in den Modus
kommen, eine Corona-Infektionen wie eine andere Infektionskrankheit
zu behandeln, bei der gilt: Wer krank ist, bleibt zu Hause.» Man
müsse auf mehr Eigenverantwortung setzen und den Menschen nicht mehr
fünf Tage eine Absonderungspflicht vorschreiben.

Die vier Länder forderten Lauterbach auf, spätestens bis zum 10.
Oktober tätig zu werden. Sie verweisen in ihrem Brief auf Österreich,
wo die Absonderungspflicht seit dem 1. August durch eine sogenannte
«Verkehrsbeschränkung» ersetzt worden ist. Dort müssen Infizierte
zehn Tage lang an den meisten Orten eine FFP2-Maske tragen, sie
dürfen jedoch keine Pflegeheime und Kliniken besuchen. Sie können
aber an ihren Arbeitsplatz. «Das Ende der Isolationspflicht hat in
Österreich zu keinem relevanten Anstieg der gemeldeten Fälle
geführt», schreiben die vier Gesundheitsminister in ihrem Brief.

Sie argumentieren, ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland sei
immunisiert, entweder durch Impfungen oder durch Infektionen. Auch
die Kliniken seien in der Lage, mit Corona umzugehen. Bayerns
Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, er habe den Bund
schon vor Monaten zum Handeln aufgefordert. «Jetzt muss Lauterbach
endlich aktiv werden.» Den CSU-Politiker treibt genauso wie seinen
hessischen Kollegen Kai Klose (Grüne) die Sorge um, dass es sonst
Probleme bei der sogenannten kritischen Infrastruktur geben könnte,
wenn etwa Pflegekräfte und Polizisten ausfallen würden.

Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken
(CDU) sagte, man müsse lernen, dass das Coronavirus sich ähnlich
verbreite wie etwa auch das Grippevirus. Die Anpassung der
Isolationsregeln sei «ein Schritt auf dem Weg zurück zur Normalität
».
Derzeit müssen sich in Deutschland an Corona erkrankte Personen auch
ohne Krankheitssymptome mindestens fünf Tage nach dem positiven
Testergebnis isolieren, weil sie ansteckend sein könnten.

Der Landkreistag in Baden-Württemberg unterstützte die Initiative der
vier Länder. «Die Absonderungsmaßnahmen greifen in der Regel zu spä
t,
um Infektionen zu vermeiden», sagte Verbandschef Joachim Walter.
«Außerdem belasten die durch Absonderungen bedingten Personalausfälle

insbesondere das medizinische Versorgungssystem und stellen ein
Risiko für die kritische Infrastruktur dar.» Der Tübinger Landrat
pflichtete Lucha bei: «Wie bei jeder Infektionskrankheit muss auch
bei Corona wieder der Grundsatz gelten, dass wer krank ist, zu Hause
bleibt, und wer gesund ist, normal arbeitet.»