Krankenhäuser wollen wegen hoher Energiekosten Inflationsausgleich

Die hohen Energiepreise könnten die Existenz von Kliniken gefährden.
Das befürchtet die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Die Betreiber
rufen nach einem Milliardenzuschuss aus der Steuerkasse.

Hamburg (dpa/lno) - Angesichts der hohen Energiepreise fordert die
Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) einen Inflationsausgleich aus
Steuermitteln. 96 Prozent der Kliniken könnten ihre Kosten nicht mehr
aus den laufenden Einnahmen decken, sagte der Vorstandsvorsitzende
Gerald Gaß am Montag in Hamburg. Allein die Energiekosten brächten
Kliniken an den Rand der Zahlungsunfähigkeit.

Ein durchschnittliches Krankenhaus verbrauche fünf Millionen
Kubikmeter Gas pro Jahr, so viel wie etwa 3000 Einfamilienhäuser. Im
kommenden Jahr müsse eine solche Klinik über sechs Millionen Euro
mehr für Gas und Strom bezahlen. Auf alle deutschen Krankenhäuser
hochgerechnet, wäre das laut DKG ein Fehlbetrag von rund vier
Milliarden Euro. Die Gesellschaft befürchtet, dass Krankenhäuser in
die Insolvenz gehen könnten.

Die Hamburger Kliniken seien ebenso von den Kostensteigerungen
betroffen, sagte der Vorsitzende der Hamburgischen
Krankenhausgesellschaft, Joachim Gemmel. Ob einem der gut 30 Häuser
in Hamburg bereits die Insolvenz drohe, konnte er nicht sagen. Die
Zuschüsse der Stadt stiegen zwar, aber nicht im notwendigen Maße.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte Anfang September ein
Hilfspaket angekündigt. «In dieser Energie- und Inflationskrise
lassen wir unsere Krankenhäuser nicht im Stich und werden sie über
den Herbst und über den Winter bringen», sagte der SPD-Politiker in
der Haushaltsdebatte im Bundestag.

Die DKG hat eine bundesweite Kampagne gestartet. Mit dem Motto
«Alarmstufe rot: Krankenhäuser in Gefahr» werben die Klinikbetreiber

um Unterstützung der Bürger für ihren finanziellen Hilferuf. Der Bund

soll einen «Rechnungsaufschlag» von drei bis vier Milliarden Euro für

2022 zahlen. Für die Hamburger Kliniken wären das 60 bis 80 Millionen
Euro. In den Abrechnungen für die Behandlungen im nächsten Jahr
sollten die gestiegen Kosten gleich ab Januar berücksichtigt werden.

Die finanzielle Lage der Krankenhäuser habe sich auch durch das
Auslaufen der Corona-Zuschläge verschärft. Seit Juli seien die
Kliniken mit den Mehrkosten alleingelassen worden, sagte Gemmel.
Zugleich habe die Corona-Pandemie zu einem Patientenrückgang und zu
Einnahmeverlusten geführt. Die Fallzahlen seien um 10 bis 15 Prozent
gesunken, ergänzte Gaß.

Allerdings machen die sogenannten Sachkosten nur rund ein Drittel der
Klinikausgaben aus. Etwa zwei Drittel sind Personalkosten. Die
Krankenhausgesellschaft beklagt in diesem Zusammenhang zu viel
Bürokratie. Bis zu drei Stunden seiner täglichen Arbeitszeit sei ein
Krankenhausarzt mit bürokratischen Aufgaben beschäftigt, sagte Gaß.
Die starren Personalvorgaben könnten im Winter dazu führen, dass
Notaufnahmen oder Stationen geschlossen werden müssten, warnte er.

Es gebe sehr viele Personalausfälle wegen der Corona-
Quarantänevorgaben. Die DKG fordere jedoch nicht, dass ab sofort auch
infizierte Mitarbeiter ohne Symptome zur Arbeit kommen sollten. Zwar
biete die Maske einen sehr guten Schutz. Aber, so Gaß: «Wenn man das
jetzt machen würde, nach zwei Jahren Pandemie, wo auch die Maske ein
Wahnsinnssymbol war, wo dieses Zuhausebleiben bei Infektionen ein
wahnsinniges Symbol war, hätten wir allergrößte Sorge, dass wir mehr

Schaden davontragen würden als Nutzen.» Wenn jedoch die Versorgung
der Patienten nicht mehr gewährleistet sein sollte, müssten
«vernünftige Ausnahmen» getroffen werden. Das Weiterbetreiben einer
Station könne wichtiger sein als «diffuse Ängste».

Die hohen Energiepreise machen sich für die Krankenhäuser nicht nur
bei der Abrechnung von Gas und Strom bemerkbar. Auch die Zulieferer
wie Großwäschereien seien auf Gas angewiesen, erklärte der DKG-Chef.

Manche Krankenhäuser könnten ihre Heizung auf Öl umstellen. Doch
gerade moderne Kliniken hätten oft Blockheizkraftwerke, die auf Gas
angewiesen seien. «Jedes Haus macht sich jetzt natürlich nicht nur
Gedanken, sondern beschäftigt sich sehr konkret mit möglichen
Szenarien», erklärte Gaß.