NRW-OVG: Noch kein Urteil zu Schließungen im Corona-Lockdown

Große Warenhäuser mussten in der ersten Phase der Corona-Pandemie
schließen. Andere Händler durften weiter ihre Waren verkaufen.
Dagegen klagt ein Konzern aus Essen - und muss jetzt auf das Urteil
noch warten.

Münster (dpa) - Im Streit um Schließungen des Einzelhandels in der
ersten Corona-Welle im Jahr 2020 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG)
des Landes Nordrhein-Westfalen am Donnerstag noch kein Urteil
verkündet. Nach einer fast vierstündigen mündlichen Verhandlung
teilte der 13. Senat dem Kläger Galeria Karstadt Kaufhof mit, dass
eine Entscheidung nach einer weiteren Beratung erst zu einem späteren
Zeitpunkt schriftlich zugestellt werde. Zuvor hatten sich Vertreter
des NRW-Gesundheitsministeriums und der Warenhauskette mit Sitz in
Essen über die Bewertung der Zeit im Frühjahr 2020 gestritten.

Das Land hatte per Corona-Schutzverordnung zur Eindämmung der
Pandemie das öffentliche Leben heruntergefahren. Im März und April
2020 mussten zahlreiche Betriebe schließen. Ausnahmen gab es für den
Einzelhandel mit Produkten für den täglichen Bedarf wie Lebensmitteln
und weniger als 800 Quadratmeter großen Verkaufsflächen. In einer
zweiten Phase gab es weitere Öffnungsschritte für einen größeren
Händlerkreis. Der Warenhaushaus-Konzern griff daraufhin die
Corona-Schutzverordnung des Landes an, weil er den
Gleichbehandlungsgrundsatz im Handel verletzt sah. Bei einem Erfolg
vor dem OVG will das Unternehmen auf zivilrechtlichem Weg
Schadenersatz fordern.

Der Vorsitzende Richter Jörg Sander ließ in der Verhandlung
durchblicken, dass das Gericht beim Thema Gleichbehandlung durchaus
Fragen habe. Sander erinnerte an eine Pressekonferenz von
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zur Öffnung von
Möbel- und Einrichtungshäusern. Laumann hatte betont, wie wichtig die
Industrie mit vielen Arbeitsplätzen in Ostwestfalen sei. Der
Infektionsschutz spielte bei Laumanns Antworten auf die Fragen eines
Journalisten damals keine Rolle.

Ein Vertreter des Ministeriums, der zuvor bereits die einzelnen
Öffnungsschritte beschrieben hatte, warb für Verständnis für seinen

Chef. Laumann denke nicht in rechtlichen Kategorien, sondern habe in
seine Aussage aus dem Bauch heraus an die Arbeitsplätze gedacht. Das
sei für ihn wichtig gewesen, aber nicht die Argumentationslinie beim
Gesundheitsschutz des Ministeriums gewesen.

Auch Babymärkte, der Fahrradhandel oder Blumenläden hätten in einer
zweiten Phase öffnen dürfen. Das Ministerium spricht hier von
Terminwaren. Eltern hätten mit dem Kauf von Produkten für ihre
Neugeborenen nicht länger warten können und seien von der Pandemie
überrascht worden, Blumen wären verdorben und es sei für den
Gesundheitsschutz förderlich gewesen, dass die Menschen von Bus und
Bahn aufs Rad umsteigen wollten.

Dass es bei der Regelung durch das Land immer wieder auch zu
Unschärfen gekommen sei, betonte auch das Gericht. Plötzlich hätten
Lebensmittelhändler auch mehr Töpfe oder Bekleidung verkauft. «Das
ist ja nicht wegzudiskutieren», sagte Sander. «Uns hat das auch
geärgert, weil einige Discounter die Situation ausgenutzt haben»,
sagte der Vertreter des Ministeriums.