Zunächst keine Verschärfung der Corona-Regeln im Herbst

Immer wieder hat sich die niedersächsische Landesregierung in der
Pandemie als «Team Vorsicht» bezeichnet. Die Infektionslage gibt laut
Gesundheitsministerin Daniela Behrens derzeit aber Anlass zu
Optimismus. Ist die Zeit der Einschränkungen vorbei?

Hannover (dpa/lni) - Angesichts einer weiterhin geringen Belegung der
Krankenhäuser mit Covid-19-Patienten will Niedersachsen zum
1. Oktober die Corona-Schutzmaßnahmen nicht verschärfen. Der
dritte Corona-Herbst werde ein Herbst der Achtsamkeit, aber kein
Herbst der Beschränkungen, sagte Landesgesundheitsministerin Daniela
Behrens am Dienstag in Hannover. Die Maskenpflicht im Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) bleibe bestehen, mit der neuen
Corona-Verordnung solle jedoch eine medizinische Maske ausreichen,
sagte die SPD-Politikerin. Damit passe man sich den anderen
Bundesländern an. Zuvor waren im ÖPNV FFP2-Masken vorgeschrieben.

Das neue bundesweit gültige Infektionsschutzgesetz hatte am Freitag
den Bundesrat passiert. Zu den zentralen Bestimmungen, die vom 1.
Oktober bis 7. April 2023 gelten werden, zählt eine bundesweite
Maskenpflicht in Fernzügen, Kliniken und Arztpraxen. Auch in
Krankenhäusern und Pflegeheimen muss weiterhin eine FFP2-Maske
getragen werden. Zudem besteht eine Testpflicht, in Niedersachsen
müssen geimpfte beziehungsweise genesene Mitarbeiter dieser
Einrichtungen sich nur zwei Mal pro Woche testen lassen.

Sollte sich die Lage in den Kliniken deutlich verschärfen, sieht die
niedersächsische Landesregierung strengere Schutzvorkehrungen vor,
für die es dann neue Verordnungen geben müsste. Bei den Szenarien
übernimmt das Land die Begriffe aus dem Bund. Stufe 1 wird als
Winterreifen-Szenario, Stufe 2 als Schneeketten-Szenario bezeichnet.
Maßgeblich ist dabei nicht die Sieben-Tages-Inzidenz, sondern die
Einweisung von Corona-Infizierten in Krankenhäusern
(Hospitalisierung) sowie der Anteil von Covid-19-Patienten auf den
niedersächsischen Intensivstationen. Dabei werden als maximale
Kapazität jetzt 2285 Intensivbetten angenommen und nicht mehr 2350.

Sollte die landesweite Sieben-Tage-Hospitalisierung mehr als 15
betragen und gleichzeitig über 10 Prozent der Intensivbetten mit
Covid-Patienten belegt sein, tritt Stufe 1 in Kraft. Dann sollen
unter anderem mindestens medizinische Masken in öffentlich
zugänglichen Innenräumen wie Supermärkten getragen werden. Am
Dienstag lag die Hospitalisierungsrate in Niedersachsen bei 5,7 - so
viele Menschen kamen innerhalb der vergangenen sieben Tage mit einer
Corona-Infektion ins Krankenhaus. Zudem waren am Dienstag 2,6 Prozent
der Intensivbetten mit Covid-Kranken belegt. Selbst von der ersten
Stufe sei Niedersachsen derzeit weit entfernt, sagte Behrens.

Für das Inkrafttreten der Stufe 2 ist nach dem Corona-Fahrplan der
Landesregierung ein Landtagsbeschluss notwendig. Aber auch dieses
Szenario sieht keine Schulschließungen oder gar einen Lockdown vor.
Erst in diesem Szenario müssten Schüler ab der fünften Klasse wieder

eine Maske im Unterricht tragen.

Der Entwurf für die neue Verordnung soll zeitnah mit dem Landtag und
den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt werden. Sie enthält aber
nur die Regelungen für den Basisschutz, noch nicht für die Stufe 1
und 2. Ministerin Behrens gab sich mit Blick auf den weiteren Verlauf
der Pandemie zuversichtlich. «Wenn es keine neue Variante gibt,
kommen wir mit dem Basisschutz relativ weit», sagte die
SPD-Politikerin. Nach ihrer Beobachtung verhalten sich viele Menschen
sehr verantwortungsbewusst, tragen etwa freiwillig Masken, halten
Abstand und testen sich selbst vor dem Besuch von großen Festen.

«Wir regen an, dass man sich nicht nur auf die Corona-Verordnung
verlässt, sondern auch im Herbst möglich viel Homeoffice anbietet»,
sagte Behrens mit Blick auf Unternehmen. Bei einer
Sieben-Tage-Inzidenz über 2000 will die Regierung in Hannover eine
Anpassung der Maßnahmen prüfen, um eine übermäßige Belastung der

Kritischen Infrastruktur durch Personalausfälle zu verhindern. Am
Dienstag lag die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei 304,0.

Die Ministerin appellierte darüber hinaus an die über 60-Jährigen,
sich möglichst bald um einen Termin für die vierte Corona-Impfung zu
kümmern. Insgesamt weist Niedersachsen nach Angaben der Staatskanzlei
überdurchschnittliche Impfquoten auf: Grundimmunisiert sind demnach
77,8 Prozent der Bevölkerung, die erste Auffrischungsimpfung haben
66,8 Prozent erhalten, 12,3 Prozent sind ein viertes Mal geimpft.