Booster gegen Omikron - Was die Stiko zu den neuen Präparaten sagt Von Gisela Gross, dpa

Draußen wird es kühler und nasser. Damit dürften Atemwegserreger
wieder Auftrieb bekommen, auch Corona. Die Ständige Impfkommission
schafft nun mehr Klarheit zu der Frage, wer die neuen
Omikron-Impfstoffe nutzen sollte.

Berlin (dpa) - Nach der Zulassung von an die Omikron-Variante
angepassten Impfstoffen spricht sich die Ständige Impfkommission
(Stiko) für deren bevorzugten Einsatz bei Auffrischimpfungen aus. Das
Gremium bleibt allerdings bei der bisherigen Linie, zweite
Covid-19-Booster nur bestimmten Gruppen wie Menschen ab 60 Jahren ans
Herz zu legen. Das geht aus einer Stiko-Mitteilung vom Dienstag zu
einem Beschlussentwurf hervor. Änderungen daran sind noch möglich.
Immungesunde Menschen unter 60 Jahren mit drei Impfungen bräuchten
die Viertimpfung in der Regel zunächst nicht, sagte Stiko-Mitglied
Christian Bogdan.

In den vergangenen Wochen sind in der Europäischen Union mehrere
fortentwickelte Corona-Impfstoffe zugelassen worden. Sie tragen der
seit Monaten vorherrschenden Omikron-Variante Rechnung. Möglich ist
der Einsatz bei Menschen ab 12 Jahren als Auffrischimpfung. Es geht
um an die Sublinie BA.1 angepasste Präparate sowie um einen noch
etwas neueren BA.4/BA.5-Impfstoff. Neben Omikron wird mit den neuen
Vakzinen auch noch das ursprüngliche Coronavirus berücksichtigt.

Auf die häufige Frage, welches dieser neuen Präparate Impfwillige
nehmen sollten, kommt von der Stiko nichts Konkretes: Der
Beschlussentwurf bezieht sich sowohl auf den BA.1- als auch auf den
BA.4/BA.5-Impfstoff. Beide lösten verglichen mit den bisherigen
mRNA-Impfstoffen eine verbesserte Antikörperantwort gegenüber
verschiedenen Omikron-Varianten aus, hieß es. Hinzu kämen
gleichbleibend gute Antworten gegen die Variante aus der frühen Phase
der Pandemie. Entscheidend sei, dass sich Menschen überhaupt impfen
ließen und insbesondere den Empfehlungen zur Auffrischung folgten.
Auch die bisherigen Impfstoffe könne man verwenden.

Das Vermeiden von schwerer Erkrankung, von Krankenhausaufenthalten
und Tod seien die Ziele der Empfehlung, betonte Bogdan. Es sei
hingegen nicht realistisch anzunehmen, dass sich sämtliche
harmloseren Infektionen vermeiden ließen. Es gehe auch nicht um das
Senken von Inzidenzen. Mittlerweile sei eine Situation erreicht, in
der «eine sehr gute Basisimmunität in der Bevölkerung» existiere. A
us
Deutschland eliminieren lasse sich das Virus auch mit den angepassten
Impfstoffen nicht, sagte das Stiko-Mitglied.

Der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin berichte am Dienstag
bereits von wieder mehr durchgeführten PCR-Tests auf Sars-CoV-2: Man
stehe am Anfang einer sich verändernden Infektionslage, hieß es.

Der Rat von Fachleuten lautet, im Fall einer fälligen Auffrischung
verfügbare Präparate zu nutzen und den Schritt nicht in Hinblick auf
einen vermeintlich besseren, neueren Impfstoff aufzuschieben. Sonst
laufe man Gefahr, in der Zwischenzeit zu erkranken.

Für den BA.1-Impfstoff kann zum Beispiel sprechen, dass mit ihm
bereits der große Sprung in der Virusentwicklung seit der
ursprünglichen Variante abgedeckt ist. Da BA.1 und BA.4/BA.5
vergleichsweise eng verwandt sind, liegen nur noch kleine
Unterschiede zwischen diesen beiden Präparaten. Zum
BA.4/BA.5-Impfstoff liegen zudem weniger Daten vor.

Nach Einschätzung des Expertengremiums dürften insbesondere Menschen,
die sich im Zuge der Omikron-Welle seit Ende 2021 nicht mit Corona
angesteckt haben, von einer Auffrischung mit einem fortentwickelten
Impfstoff profitieren. Wer aber kürzlich bereits gemäß der bisherigen

Empfehlung eine Auffrischimpfung mit den herkömmlichen Präparaten
erhalten habe, benötige «keine gesonderte Extra-Impfdosis mit einem
angepassten Impfstoff».

Zu den Gruppen, denen die Stiko schon länger eine zweite Auffrischung
(vierte Dosis) empfiehlt, zählen neben Menschen ab 60 Jahren auch
Risikopatienten wie Immungeschwächte ab 12 Jahren, Pflegeheimbewohner
und Personal im Gesundheits- und Pflegebereich. Geraten wird in der
Regel zu einem Abstand von sechs Monaten zur vorherigen Impfung oder
Infektion. Für die Grundimmunisierung, also die ersten beiden
Impfdosen, sind die Omikron-Präparate nicht zugelassen.

Schwierig und nicht zufriedenstellend war für die Stiko die relativ
dünne Datenlage. Trotz dieses Schwachpunkts schätze man die neuen
Präparate als «sicher und gut verträglich» ein, hieß es. Die
Ähnlichkeit zu den bisherigen mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 sei
groß. Trotzdem: Ausdrücklich rief das Gremium die Impfstoffhersteller
auf, sogenannte Postmarketing-Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit
ihrer neuen Produkte zu liefern und zu veröffentlichen.

Wie gut die neuen Impfstoffe am Ende abschneiden, dürfte auch von den
kommenden Virusvarianten abhängen. Das lässt sich aber kaum
vorhersehen. Derzeit verursachen BA.4 und BA.5 nach Daten aus einer
Stichprobe den allergrößten Teil der Infektionen bundesweit,
wohingegen BA.1 schon länger keine Rolle mehr spielt. Fachleute wie
die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Christine
Falk, zeigten sich zuletzt aber optimistisch: Das Virus habe sich im
bisherigen Verlauf der Pandemie zwar immer wieder verändert,
allerdings nicht in so starkem Umfang, dass das Immunsystem von
Geimpften und Genesenen es gar nicht mehr erkennt.