Erleichterung im Norden über Änderungen beim Infektionsschutzgesetz

Quasi in letzter Minute das Ziel erreicht: Das befürchtete scharfe
Corona-Testregime für Kita-Kinder und Schüler soll es nun doch nicht
geben. Ministerpräsident Günther sieht nach einem Einlenken der
Bundesregierung einen großen Erfolg für das Land.

Berlin/Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holstein hat dem neuen
Infektionsschutzgesetz am Freitag im Bundesrat zugestimmt. Nach einer
Erklärung des Bundes, umstrittene Passagen aus den Bereichen Schulen
und Kitas zu streichen, zeigte sich Ministerpräsident Daniel Günther
(CDU) laut Staatskanzlei erleichtert und zufrieden: Die aus Sicht der
Landesregierung geplanten überzogenen Regelungen zu
Gemeinschaftseinrichtungen wie Schule und Kita würden nach einer
Protokollerklärung der Bundesregierung wieder aus dem Gesetz
gestrichen. «Das ist ein großer Erfolg für unser Land.»

Hintergrund von Widerstand aus den Ländern ist die Aufnahme von
Covid-19 auf die Liste von ansteckenden Infektionskrankheiten wie
Pest und Cholera nach Paragraf 34 des Infektionsschutzgesetzes. Nach
den Ursprungsplänen hätten Kinder und Jugendliche nach einer
Corona-Infektion in jedem Fall einen negativen Test vorlegen müssen,
bevor sie wieder in die Schule oder in die Kita gehen. Mit der am
Freitag verabschiedeten Erklärung werde diese Regelung wieder
gestrichen, gab die Staatskanzlei an.

Mit einer massiven Intervention der Kultusminister und vieler
Ministerpräsidenten sei es gelungen, diesen Irrweg zu stoppen,
kommentierte Kultusministerin Karin Prien (CDU). «In der Endphase der
Pandemie erstmals ein gesetzliches Betretungsverbot und eine
Freitestpflicht nur für Kitas und Schulen selbst im Verdachtsfall
einzuführen, entbehrt jeder Logik und Verhältnismäßigkeit.»

Auch Finanzministerin und Vize-Regierungschefin Monika Heinold freute
sich über die Änderung. «Unser kurzer Draht nach Berlin hat zum
Erfolg geführt», erklärte die Grünen-Politikerin. «Es ist gut, da
ss
die Bundesregierung gerade in Krisenzeiten, in denen viele Dinge
schnell gehen müssen, offen für Argumente ist und eine Änderung des
geplanten Gesetzes zugesagt hat.»

Auch Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) zeigte sich
dankbar, dass die Bundesregierung kurz vor der Abstimmung zum
Infektionsschutzgesetz ein Einsehen gezeigt habe. «Die
Ungleichbehandlung von Kindern und Erwachsenen und das schärfste
Testregime in einer Phase des Übergangs von der Pandemie in die
Endemie wären fachlich verkehrt und in der Umsetzung weder
sachgerecht noch verhältnismäßig noch praktikabel gewesen.» Die
Ankündigung der Landesregierung, dem neuen Infektionsschutzgesetz so
die Zustimmung Schleswig-Holsteins zu verweigern, sei deshalb richtig
gewesen. «Wir haben eine unverhältnismäßige und bislang beispiellos
e
Verschärfung der Zutrittsbedingungen für unsere jüngsten
Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner verhindert.»

Jetzt gebe es Klarheit auch für die Kitas, sagte Sozialministerin
Aminata Touré (Grüne). «Wir brauchen keine Massentests auf Verdacht,

sondern eine sichere und praktikable Lösung für den Umgang mit
Covid-19 in den Kindertagesstätten und der Kindertagesbetreuung.»

«Besser spät als nie», meinte Ex-Gesundheitsminister Heiner Garg
angesichts der Änderung in letzter Minute. «Es ist gut, dass
Lauterbachs Geisterfahrt, eine Testpflicht auch im Verdachtsfall für
Kinder und Jugendliche in Kita und Schule einzuführen, gerade noch
einmal so gestoppt werden konnte.»

Der Einsatz von Günther und Prien habe sich gelohnt, befand
CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Die Pläne von
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Covid-19 gesetzlich mit
Pest und Cholera gleichzusetzen, seien gestoppt. «In der jetzigen
Situation wieder Betretungsverbote und Freitestpflichten sogar im
Verdachtsfall einführen zu wollen, ist völlig überzogen und wäre ei
ne
katastrophale Belastung für Schülerinnen und Schüler, Familien aber
auch für Schulen und Kitas im Land geworden.»

Das Infektionsschutzgesetz enthält zahlreiche Neuregelungen, die
besonders den Corona-Schutz vulnerabler Gruppen im Herbst und Winter
verbessern sollen.