Aktionswoche will über Abhängigkeit von Medikamenten aufklären

Es gilt als stille Sucht: Eine hohe Zahl von Berlinerinnen und
Berlinern konsumiert Medikamente laut Fachleuten auf riskante Art und
Weise. Eine Aktionswoche richtet sich nun an Hausärzte.

Berlin (dpa/bb) - Angesichts von Zehntausenden Menschen in Berlin mit
einer Medikamentenabhängigkeit soll mit einer Aktionswoche über den
verantwortungsvollen Gebrauch dieser Mittel aufgeklärt werden. Die
sogenannte Awareness Woche Medikamente der Berliner Initiative gegen
Medikamentenmissbrauch beginnt an diesem Samstag, dem Welttag der
Patientensicherheit. Teil davon ist unter anderem eine
Informationsoffensive für Hausärztinnen und Hausärzte, wie die
Fachstelle für Suchtprävention und die Senatsverwaltung für
Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung mitteilten.

Hausärzte könnten mit umsichtigen Verschreibungen von Mitteln, die
suchtfördernd sein können, Einfluss auf die Entwicklung einer
Medikamentenabhängigkeit haben, hieß es zur der Aktion. Fast 1000
Praxen in mehreren Bezirken sollen Infomaterial bekommen, in manchen
Bezirken auch Apotheken. Bürgerinnen und Bürgern könnte das Thema
auch auf Flyern begegnen. Das Motto lautet: «Für Alle(s) was dabei?!»

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) rief zu einer
Enttabuisierung des Problems auf: Nur so könne es gelöst werden.

Fachleute nehmen an, dass in Berlin mehr als 460 000 Menschen in den
vergangenen 30 Tagen wöchentlich Schmerzmittel eingenommen haben. Die
Zahl der Medikamentenabhängigen werde in der Hauptstadt auf 100 000
geschätzt, hieß es. Oftmals betrifft diese Art der im Alltag oft
unbemerkt bleibenden Sucht Frauen. Hintergrund ist nach Angaben der
Initiative mitunter die Erwartungshaltung, in Beruf und Privatleben
funktionieren zu müssen.

«Wenn Medikamente nicht bestimmungsgemäß eingenommen werden, d.h.
ohne medizinische Indikation, in zu hoher Dosis oder über einen zu
langen Zeitraum, spricht man von einem problematischen
Medikamentenkonsum», heißt es in einem Infoblatt der Initiative.

Es geht neben Schmerzmitteln auch oft um Substanzen wie Schlaf-,
Beruhigungs- und Aufputschmittel. Bereits mit nicht
verschreibungspflichtigen Mitteln wie Einschlafhilfen aus Drogerien
oder Supermärkten könnten sich problematische Konsummuster
entwickeln, sagte Marc Pestotnik von der Fachstelle.

Zu Anzeichen einer Abhängigkeit kann zum Beispiel gehören, dass damit
bestimmte Gefühle betäubt oder herbeigeführt werden sollen. Um das
gewünschte Medikament verschrieben zu bekommen, werden mitunter
verschiedene Ärzte aufgesucht. Auch Entzugssymptome beim Absetzen und
nachlassende Wirkung trotz gleichbleibender Dosierung sind möglich.
Betroffene können sich laut der Initiative etwa an Ärzte, Apotheker,
aber auch an Beratungsstellen in den Bezirken wenden.