Verstopfte Skorpione und Enten in Formation: Ig-Nobelpreise vergeben Von Christina Horsten, dpa

Kuriose Forschung und viel Klamauk: Die Ig-Nobelpreise sind Kult.
Wegen der Corona-Pandemie konnte die schrille Gala zwar schon zum
dritten Mal nur online stattfinden - doch Skurriles gab es trotzdem,
von Elch-Crashtest-Dummys bis zu zur Formation schwimmender Enten.

Boston (dpa) - Skorpione mit Verstopfung, in Formation schwimmende
Entlein und Crashtest-Dummys in Gestalt von Elchen: Wissenschaftliche
Studien, die «erst zum Lachen und dann zum Denken anregen» sollen,
sind in den USA mit «Ig-Nobelpreisen» ausgezeichnet worden
(gesprochen «ignoble», was übersetzt etwa unehrenhaft heißt).

Wegen der Corona-Pandemie wurde die traditionell schrille Gala in der
Nacht zum Freitag bereits zum dritten Mal in Folge als reines
Online-Event ausgerichtet. Die zum 32. Mal verliehenen undotierten
Spaßpreise sollen nach Angaben der Veranstalter «das Ungewöhnliche
feiern und das Fantasievolle ehren».

So erhielten beispielsweise Wissenschaftler aus Brasilien und
Kolumbien einen der zehn Preise für die Untersuchung der Frage, ob
und wie Verstopfung die Paarungsaussichten von Skorpionen
beeinflusst. Der Preis sei eine «große Ehre», bedankten sich die
Forscher während der vorab aufgezeichneten Veranstaltung - und
demonstrierten das Erforschte anhand eines Stofftier-Skorpions.

Forschern aus China, Großbritannien, der Türkei und den USA wurde die
Auszeichnung in der Kategorie «Physik» verliehen - für ihren Versuch

zu verstehen, wie junge Enten in Formation schwimmen. Die Entlein
surften dabei quasi auf der von ihrer Mutter ausgelösten Welle,
erklärten die Wissenschaftler in ihrer Dankesrede. «Ich fühle mich
wie eine glückliche Ente», kommentierte einer von ihnen mit
Quietsche-Ente im Bild. «Lasst es mich euch allen sagen: Ihr macht
nicht wirklich Wissenschaft, wenn ihr nicht Spaß dabei habt.»

Der schwedische Forscher Magnus Gens wurde für die Entwicklung eines
Elch-Crashtest-Dummys ausgezeichnet. Er sei «ehrlich geehrt und
stolz, diesen Preis zu bekommen», sagte Gens. Bei seiner Forschung
sei es vor allem darum gegangen, welche Auswirkungen der Zusammenstoß
mit einem Elch auf ein Auto haben kann.

Wissenschaftler aus Tschechien, den Niederlanden, Großbritannien,
Schweden und Aruba wurden ausgezeichnet, weil sie Beweise dafür
gesucht und gefunden hatten, dass die Herzfrequenzen von frisch
verliebten Paaren sich angleichen, wenn sie sich zum ersten Mal
treffen und zueinander hingezogen fühlen. «Es gibt auch Forschung,
die darauf hinweist, dass verheiratete Paare - in guten wie in
schlechten Zeiten - ihre Herzschlagfrequenz synchronisieren», sagte
eine der beteiligten Wissenschaftlerinnen. «Die Menschen
synchronisieren auf so vielen Ebenen, worüber sie sich nicht bewusst
sind, und es beeinflusst die Entscheidungen, die sie treffen.»

Forscher aus Kanada, den USA, Großbritannien und Australien erhielten
einen Preis für die Analyse der Frage, was genau gerichtliche
Dokumente so schwer verständlich macht. Dafür hätten sie unter
anderem Gerichtsdokumente mit populären Büchern und Umgangssprache
verglichen, sagten die Wissenschaftler.

Forscher aus Japan wurden für die Suche nach dem effizientesten Weg
ausgezeichnet, wie Menschen ihre Finger einsetzen können, wenn sie
einen Knauf drehen. Forscher aus den Niederlanden, Guatemala, den USA
und Österreich beschäftigten sich mit «rituellen Darmspülungs-Szene
n
auf antiken Maya-Tonwaren» - und wurden dafür ebenfalls geehrt.

Forscher aus Polen bekamen einen Preis für den Nachweis, dass
Patienten, die sich einer bestimmten Form von Chemotherapie
unterziehen, möglicherweise Nebenwirkungen wie Schwellungen am Mund
ein wenig lindern können, indem sie Eiscreme lutschen - wo bisher
beispielsweise unter anderem Eiswürfel gängige Praxis sind.

Forscher aus Italien - von denen zwei schon einmal einen
Ig-Nobelpreis gewonnen hatten -, wurden geehrt für die mathematische
Erklärung dafür, warum meist nicht die talentiertesten Menschen,
sondern die mit dem meisten Glück Erfolg haben.

Forscher aus China, Ungarn, Kanada, den Niederlanden, Großbritannien,
Italien, Australien, der Schweiz und den USA entwickelten einen
ebenfalls ausgezeichneten Algorithmus, der den Verbreitern von
Klatsch und Tratsch dabei helfen soll zu entscheiden, wann sie die
Wahrheit sagen und wann sie lügen.

Normalerweise verfolgen mehr als 1000 Zuschauer die Gala live vor Ort
in einem Theater der Elite-Universität Harvard. Aber auch bei der
rund anderthalbstündigen Online-Preisverleihung, die diesmal unter
dem Oberthema «Wissen» stand, flogen Papierflieger, es gab Sketche,
bizarre Kurz-Opern und noch viel mehr skurrilen Klamauk - beendet von
den traditionellen Abschlussworten von Moderator Marc Abrahams, dem
Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser
Forschung: «Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben,
und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im
nächsten Jahr!»