Neue Vorgaben zur Besetzung mit Pflegekräften in Kliniken geplant

Viele Pflegerinnen und Pfleger in Krankenhäusern arbeiten am Limit
oder schon darüber hinaus. Die Regierung bringt nun ein Instrument
auf den Weg, das Unterbesetzung vermeiden soll. Doch es gibt Kritik.

Berlin (dpa) - Kliniken sollen neue verpflichtende Vorgaben für eine
bessere Besetzung mit Pflegekräften bekommen. Darauf zielen Pläne von
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die das Kabinett am
Mittwoch beschlossen hat. Eine angemessene Personalausstattung sei
essenziell für die Qualität der Patientenversorgung und auch für die

Arbeitssituation der Pflegekräfte, sagte der SPD-Politiker. Konkret
soll eine Methode zur Personalbemessung auf den Stationen eingeführt
und ab 2025 Pflicht werden. Krankenkassen und Kliniken kritisierten
den Gesetzentwurf, der nun noch in Bundestag und Bundesrat kommt.

Lauterbach sagte: «Wir brauchen ein Umdenken in der Klinikbranche.»
Pflegekräfte seien extrem belastete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Für viele gehörten Wochenenddienste, Schichtwechsel und unterbesetzte
Stationen zum Arbeitsalltag. «Nur wer sie gut bezahlt, Überstunden
ausgleicht, ihre Stationen gut besetzt, wird am Arbeitsmarkt
Pflegekräfte halten oder neue gewinnen.»

Krankenhäuser sollen über das Gesetz verpflichtet werden, mit einer
ausreichenden Zahl von Pflegekräften zu arbeiten, wie das Ministerium
erläuterte. Um die Situation mittelfristig zu verbessern, sollen
«Idealbesetzungen» für Stationen errechnet und durchgesetzt werden.
Umgesetzt werden soll dies über ein Instrument zum Ermitteln des
Personalbedarfs, das mit Beteiligten der Branche entwickelt wurde.

Lauterbach machte auf Nachfrage deutlich, dass er nicht die Gefahr
von Stationsschließungen wegen fehlender Pflegekräfte sieht. Es könne

sein, dass planbare Eingriffe nicht gemacht werden könnten - sie
wären dann aber auch sinnvoll, wenn zu wenig Pflegekräfte da sind.
Insgesamt solle die Bindung von Pflegekräften an die Kliniken aber
gestärkt werden. Es gehe um «eine Spirale, die sich nach oben dreht».


Eine schrittweise Einführung der Personalbemessung ist ab 1. Januar
2023 zunächst in ausgewählten Kliniken geplant. Auf dieser Basis soll
eine Verordnung mit Vorgaben dazu folgen. Von 2025 an soll die
Personalbemessung dann «scharf gestellt» und sanktioniert werden.

Die Techniker Krankenkasse bezeichnete die geplante Personalbemessung
als puren Aktionismus. «An der Qualität der Pflege ändert sie nichts.

Sie schafft aber viel unnötige Bürokratie», sagte Vorstandschef Jens

Baas der Deutschen Presse-Agentur. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen
(AOK) warnten vor zusätzlichen Mehrausgaben in unkalkulierbarer Höhe.

Der Verband der Universitätsklinika forderte eine «echte Reform». Mit

der Personalbemessung werde lediglich der bekannte Fachkräftemangel
dokumentiert, aber kein zusätzliches Personal gewonnen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, eine angemessene
Personalausstattung sei unerlässlich für eine Würde wahrende
Krankenpflege. «Dieses Prinzip muss aber auch bei Versorgung der
810 000 Pflegeheimbewohner gelten», sagte Vorstand Eugen Brysch der
dpa. Doch dazu gebe es keine Initiative der Bundesregierung, und die
Betreuung in der Langzeitpflege werde immer prekärer.