UN-Drogenbericht: Cannabis-Konsum belastet Gesundheitssysteme

Die Vereinten Nationen warnen vor den Folgen von immer stärkerem und
legal kaufbarem Cannabis. Doch auch stärkere Drogen geben Anlass zur
Sorge. Denn sie tauchen auf neuen Absatzmärkten auf.

Wien (dpa) - Der steigende Konsum von Cannabis führt laut einem
Bericht der Vereinten Nationen (UN) zu einer zusätzlichen Belastung
von Gesundheitseinrichtungen. In der Europäischen Union (EU) seien
Hanf-Drogen die Ursache für rund 30 Prozent der Drogentherapien, hieß
es im Jahresbericht des UN-Büros für Drogen- und
Verbrechensbekämpfung (UNODC) in Wien, der am Montag veröffentlicht
wurde. In Afrika und manchen lateinamerikanischen Ländern stehe der
größte Teil solcher Therapien im Zusammenhang mit Cannabis-Sucht.

Das immer stärkere Haschisch und Marihuana auf dem Markt hat laut
UNODC zusammen mit regelmäßigem Konsum zu einem Anstieg von Sucht und
psychischen Erkrankungen in Westeuropa geführt. In Nordamerika werde
als Folge der Legalisierung von Cannabis ebenfalls mehr konsumiert -
besonders unter jungen Erwachsenen. Ein wachsender Anteil an
psychiatrischen Störungen und Selbstmorden stehe dort im Zusammenhang
mit regelmäßigem Gebrauch von Cannabis, hieß es in dem Bericht. Auch

die Krankenhausaufenthalte nähmen zu. Das UNODC räumte ein, dass
durch den legalen Verkauf dieser Drogen Steuereinnahmen gestiegen und
die Zahl von Verhaftungen wegen Cannabis-Besitzes gesunken sind.

Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard
Blienert, sah die Zahlen als Bestätigung für die Pläne der Koalition.

SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, eine
«kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in
lizensierten Geschäften» einzuführen. «Niemand soll beim
Cannabiskonsum in Zukunft mehr Angst vor Strafverfolgung haben»,
sagte Blienert (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe
(Dienstagsausgaben). «Unser Ziel muss sein, dass Menschen, die einen
problematischen Konsum haben, früher und besser in das hiesige
Beratungs- und Hilfesystem kommen.»

Der Bericht analysierte auch Umweltbelastungen durch Drogen. Demnach
verursacht die Indoor-Zucht von Cannabis wegen des höheren
Energiebedarfs einen 16 bis 100 mal höheren Ausstoß von CO2 als im
Freien. Die Produktion von Kokain hat einen 30 mal so großen
CO2-Ausstoß wie von Kakaobohnen, die stattdessen angepflanzt werden
könnten. Laut UNODC haben illegale Drogen global keine signifikante
Auswirkung auf die Umwelt. Lokal können jedoch erhebliche Schäden
entstehen, etwa durch chemische Abfälle bei der Herstellung
synthetischer Drogen oder durch Waldrodungen für den Anbau von
Kokapflanzen.

Was gesundheitliche Schäden anbelangt, sind die Drogenwächter der
Vereinten Nationen vor allem über Opioide in Nordamerika besorgt. Zu
diesen heroin-artigen Substanzen zählt etwa Fentanyl. Nach
vorläufigen Schätzungen starben 2021 in den Vereinigten Staaten rund
108 000 Menschen an einer Überdosis, 17 Prozent mehr als im Jahr
davor.

Von einer weiteren «Opioid-Epidemie» durch den Missbrauch des
Schmerzmittels Tramadol spricht das UNODC im nördlichen und
westlichen Afrika sowie im Mittleren Osten. Es gebe auch Anzeichen
für den Drogenkonsum von Tramadol in Asien und Europa.

Die UN-Behörde ist auch besorgt, dass andere stärkere Drogen neue
Absatzmärkte finden. Beschlagnahmungen deuten demnach darauf hin,
dass der Kokainschmuggel sich außerhalb der Hauptabnahmegebiete
Nordamerikas und Europas auch in Afrika und Asien ausdehnt. Das
ebenfalls aufputschende Methamphetamin sei nicht mehr nur ein Problem
in Ost- und Südostasien, sondern auch in Ländern wie Afghanistan und
Mexiko.

Das UNODC schätzt, dass 284 Millionen Jugendliche und Erwachsene
Drogen konsumieren. Diese Berechnungen beruhen auf den jüngsten
vorliegenden Zahlen aus dem Jahr 2020. Mehr als 11 Millionen Menschen
injizieren Rauschgift mit Spritzen. Die Hälfte davon ist mit
Hepatitis C infiziert, 1,4 Millionen leben mit HIV.