Karlsruhe äußert sich zu abgelehnten AfD-Ausschussvorsitzenden

Eigentlich steht der AfD-Fraktion im Bundestag in drei Ausschüssen
der Vorsitz zu. Aber die anderen Parteien haben gegen ihre Kandidaten
gestimmt. Was sagt das Bundesverfassungsgericht dazu?

Karlsruhe (dpa) - Als einzige Partei im Bundestag führt die AfD in
keinem Ausschuss den Vorsitz - die anderen wollen ihre Kandidaten
nicht mittragen. Die Fraktion spricht von einem Bruch
jahrzehntelanger Gepflogenheiten und klagt deswegen in Karlsruhe.
Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren eine erste
Entscheidung gefällt. Der Beschluss wird am Donnerstag (9.30 Uhr) in
schriftlicher Form veröffentlicht. (Az. 2 BvE 10/21)

Die Ausschüsse werden in jeder Wahlperiode neu benannt und besetzt.
«Die Ausschussvorsitzenden haben eine bedeutende Position», heißt es

auf der Homepage des Bundestags. Sie bereiten die Sitzungen vor,
berufen sie ein und leiten sie. Welche Fraktion welchem Ausschuss
vorsitzt, wird im Ältestenrat ausgehandelt. Kommt es - wie nach der
Wahl im September - zu keiner Einigung, wird aus der Stärke der
Fraktionen eine Zugriffsreihenfolge berechnet. Nach dieser Rangfolge
dürfen sich die Fraktionen im Wechsel ihre Ausschüsse aussuchen.

An die AfD waren so der Innen- und der Gesundheitsausschuss sowie der
Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gefallen. Üblicherweise
benennen die Fraktionen für ihre jeweiligen Ausschüsse dann auch
einfach den oder die Vorsitzende - nur bei Widerspruch wird gewählt.
Dabei hatten die anderen Abgeordneten am 15. Dezember in allen drei
Ausschüssen die AfD-Kandidaten durchfallen lassen.

Die AfD macht geltend, dass ihr auf diese Weise eine
gleichberechtigte Teilhabe verwehrt werde. Mit dem Eilantrag will die
Fraktion erreichen, dass die von ihr nominierten Parlamentarier
vorläufig als Ausschussvorsitzende eingesetzt werden, bis ihre Klage
in Karlsruhe abschließend geprüft ist. Diese richtet sich gegen den
Bundestag, dessen Präsidium und die betroffenen Ausschüsse.

Schon in der vorangegangen Wahlperiode hatte es Streit gegeben.
Damals hatte der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner zwar zunächst in
geheimer Wahl die notwendige Mehrheit erhalten, um den Vorsitz im
Rechtsausschuss zu übernehmen. Im November 2019 wurde er aber wieder
abberufen - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestags.
Grund dafür waren mehrere Eklats, die Brandner ausgelöst hatte.

Auch hierzu läuft noch ein Verfahren in Karlsruhe. Einen Eilantrag
der Fraktion auf Wiedereinsetzung Brandners hatten die Richter im Mai
2020 abgelehnt - unter anderem mit der Begründung, dass die AfD ihre
Beeinträchtigung durch die Benennung eines anderen Kandidaten selbst
verringern könne. Sie hatten damals aber auch auf den Grundsatz der
Gleichbehandlung der Fraktionen verwiesen. Eine effektive Opposition
dürfe nicht auf das Wohlwollen der Mehrheit angewiesen sein.