Weniger Petitionen beim «Kummerkasten der Nation» eingegangen

Es gibt diverse Online-Plattformen, auf denen sich Bürger für ihre
politischen Anliegen zusammenschließen können. Aber nur der
Petitionsausschuss des Bundestags kann versuchen, direkt auf die
Gesetzgebung einzuwirken. Manchmal hat er dabei sogar Erfolg.

Berlin (dpa) - Der Petitionsausschuss des Bundestags hat im
vergangenen Jahr erstmals seit längerer Zeit einen Rückgang an
Eingaben von Bürgern verzeichnet. Bei der als «Kummerkasten der
Nation» bezeichneten Einrichtung gingen 11 667 Petitionen ein - ein
Minus von 2647 im Vergleich zum Vorjahr. Die Ausschussvorsitzende
Martina Stamm-Fibich (SPD) sprach von einem Ausnahmejahr, das von
Corona und der Bundestagswahl geprägt gewesen sei. So habe fast ein
Viertel aller Petitionen das Bundesgesundheitsministerium betroffen.

In rund 62 Prozent aller Fälle hätten Bürger persönliche Anliegen
vorgebracht, teilte Stamm-Fibich bei der Vorlage des Jahresberichts
2021 mit. Sie appellierte zugleich an die Bürgerinnen und Bürger, das
Instrument von Petitionen zu nutzen. «Wir gewinnen hierdurch als
Parlamentarier nicht nur einen Eindruck über das Stimmungsbild in der
Bevölkerung, sondern werden auch sehr frühzeitig auf Probleme
aufmerksam gemacht.» Oftmals gehe es um Anliegen, die nur sehr kleine
Gruppen der Bevölkerung beträfen und deshalb auch unterhalb der
Wahrnehmungsschwelle von Medien lägen.

An den Petitionsausschuss können sich alle Bürgerinnen und Bürger
wenden. Gemessen an der Einwohnerzahl kamen im vergangenen Jahr am
meisten Einwendungen aus Berlin und dem Saarland, am wenigsten aus
Thüringen und Bremen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) bot dem

Ausschuss an, ihn ein stückweit aufzuwerten. Darüber sollten nach der
Sommerpause Gespräche geführt werden. Der Ausschuss selbst strebt
nach Angaben seiner Vorsitzenden an, die relativ lange
Bearbeitungsdauer der Petitionen von rund zwei Jahren zu verkürzen.

Stamm-Fibich machte deutlich, dass Einwendungen an den
Petitionsausschuss immer wieder erfolgreich seien und auch zu
gesetzlichen Änderungen führen können. So habe es bei der Reform des

Psychotherapeutengesetzes zahlreiche Verbesserungsvorschläge gegeben,
die ins Gesetz eingeflossen seien. Der Ausschuss-Vizevorsitzende
Bernhard Loos (CSU) wies auf die Senkung der Mehrwertsteuer auf
Hygieneartikel wie Tampons hin. Dies sei ein «Werk des
Petitionsausschusses» gewesen.

Loos warnte zugleich vor zu hohen und nicht erfüllbaren Erwartungen:
«Der Petitionsausschuss ist kein Super-Revisionsausschuss, der
Gerichtsentscheide ersetzt oder verändern kann. Wir sind kein
Gesetzgebungsausschuss, der Gesetze neu interpretiert, ergänzt oder
verändert.» Stamm-Fibich betonte aber, dass der Ausschuss erheblich
mehr Möglichkeiten als die verschiedenen Online-Petitions-Foren habe.
«Diese Internet-Plattformen sind Kampagnen-Plattformen.» Anders als
sie könne der Petitionsausschuss Anstöße geben, um auf die
Gesetzgebung Einfluss zu nehmen.