Baden-Württemberg will Klimakiller Narkosegas ersetzen oder filtern

Mehr als 17 Millionen Mal im Jahr wird Narkosegas in Deutschland bei
Operationen genutzt. So hilfreich es im OP-Saal sein kann, so
schädlich ist es für das Klima, solange es nicht gefiltert wird. Hier
will Baden-Württemberg jetzt ansetzen. Die Uni-Kliniken sind gefragt.

Stuttgart (dpa/lsw) - Im Kampf gegen den Klimawandel hat
Baden-Württemberg die Operationssäle der Krankenhäuser in den Blick
genommen. Denn medizinische Narkosegase zählen zu den schlimmsten
Klimakillern weltweit. Im Südwesten sollen sie aus der Abluft von
Krankenhäusern gefiltert werden, wie das Wissenschaftsministerium
ankündigt. Details zu dem Projekt will Landesministerin Theresia
Bauer am kommenden Dienstag (21. Juli) im Kabinett vorstellen. Zuerst
hatte die «taz» darüber berichtet.

Nach Angaben der «Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin» werden in den deutschen Krankenhäusern für
Operationen pro Jahr schätzungsweise 17 Millionen Narkosen
vorgenommen. Hinzu kommen viele Tausend weitere Narkosen in
Arztpraxen und Behandlungszentren, in denen Menschen ambulant
operiert werden. Etliche Mengen dieser Narkosegase werden nicht
aufgefangen. Nach einer Studie des Klimaprojekts «Klik Green», das
von 2019 bis 2022 Potenziale zum Klimaschutz im Gesundheitswesen
zusammenstellen sollte, entsprechen die klimaschädlichen Emissionen
einer siebenstündigen Operation mit dem Gas Desfluran etwa einer
Autofahrt von 15 000 Kilometern.

Hier möchte das Wissenschaftsministerium ansetzen und als nach
eigenen Angaben erstes Bundesland das Einsparpotenzial bei den
Narkosegasen nutzen. Narkosegase seien direkte Treibhausgase, sie
verursachten rund die Hälfte der im Operationssaal anfallenden
Treibhausgase und 35 Prozent der Emissionen des gesamten
Krankenhauses, hieß es. «Somit ist deren Reduktion von relevanter
Bedeutung bei der Umsetzung der Klimaschutzziele», sagte Bauer. Sie
werde sich auch für ein bundesweites Verbot klimaschädlicher Gase
ohne Filter einsetzen und bei privaten Krankenhäusern dafür werben,
sagte sie.

Die vier landeseigenen Unikliniken sollen nach ihren Angaben bis zum
Jahresende mehrere Möglichkeiten umsetzen, um die klimaschädlichen
Narkotika zu ersetzen oder zu Filtern und zu Recyceln. «Wir waren
bass erstaunt, was diese kleinen Stellschrauben für das Klima
erreichen können», sagte Bauer. Sie hofft, Jahr für Jahr rund 1250
Tonnen CO2 durch die Maßnahmen gegen Narkosegase einsparen zu können.
«Das entspricht etwa 324 Langstreckenflügen von München nach New
York, Rückflug inklusive», hieß es.

Das Ministerium erwartet für die Umrüstung mit den Filtergeräten bei

allen mehr als 200 Kliniken im Land Kosten von etwa 500 000 Euro, das
sei «sehr überschaubar», hieß es. Die Uni-Kliniken könnten ihre
Kosten aus den jährlichen Investitionsmitteln des Landes finanzieren.
«Am Geld soll dieser dringliche Schritt nicht scheitern», fügte Bauer

hinzu.