Amtsarzt: Affenpocken-Impfung zunächst nach Kontakt zu Infizierten

Berlin (dpa/bb) - Impfungen gegen Affenpocken sollen laut einem
Berliner Amtsarzt sehr gezielt eingesetzt werden. Es sei Konsens
unter den Gesundheitsämtern der Stadt, dass der Impfstoff erst einmal
nicht präventiv bei bestimmten Gruppen eingesetzt werden solle -
sondern vor allem bei Menschen, die tatsächlich engen Kontakt zu
Infizierten hatten, sagte der Amtsarzt des Bezirks Neukölln, Nicolai
Savaskan, am Mittwoch auf Anfrage. Ziel der Impfung in solchen Fällen
ist es, den Krankheitsverlauf abzumildern. Wann erste Impfdosen in
der Hauptstadt gespritzt werden könnten, war zunächst unklar.

Das Bundesgesundheitsministerium rechnete für Mittwoch mit einer
Lieferung von Pockenimpfstoff, der gegen Affenpocken eingesetzt
werden kann. Der Bund stelle ihn den Bundesländern zur Verfügung,
hatte ein Ministeriumssprecher am Dienstag mitgeteilt. Zum genauen
Verteilschlüssel war zunächst nichts bekannt. Die Berliner
Gesundheitsverwaltung äußerte sich am Mittwoch auf Anfrage zunächst
nicht dazu. Auf der Internetseite ist von mittlerweile 168
bestätigten Fällen in der Hauptstadt die Rede, das Robert
Koch-Institut (RKI) spricht von bundesweit rund 260.

Bei dem Vakzin namens Imvanex wird ein abgeschwächtes Impfvirus
genutzt, um eine Immunantwort zu erzeugen. Zum geplanten Einsatz
sagte Savaskan vor diesem Hintergrund weiter, dass bei Menschen mit
unterdrücktem Immunsystem Vorsicht angebracht sei. Zweifel einer
Vermehrung und Fusion von Viren seien nicht ausgeschlossen.

«Die Befürchtung ist auch, dass sich Menschen bei vorbeugender
Impfung in falscher Sicherheit wiegen und Safer-Sex-Regeln
vernachlässigen würden», sagte Savaskan. Nach seiner Aussage schütz
en
Kondome, denn für die Übertragung des Affenpockenvirus sei
Schleimhautkontakt entscheidend. Das Robert Koch-Institut (RKI)
verweist jedoch auf viele weitere Übertragungswege bei Affenpocken.

Das Tragen von Kondomen alleine schütze nicht vor einer Infektion,
betont das RKI. Infizierte sollten jede Art von engem Kontakt, auch
geschützten sexuellen Kontakt, mit anderen Menschen vermeiden, bis
der Ausschlag abgeklungen und der letzte Schorf abgefallen sei. Eine
Übertragung sei beispielsweise bereits bei Auftreten noch
unspezifischer Symptome (wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen) und
noch vor Auftreten der Hautläsionen bei Face-to-Face-Kontakt durch
ausgeschiedene Atemwegssekrete möglich.

Amtsarzt Savaskan rät Menschen mit wechselnden Sex-Partnern, sich in
Hinblick auf Hautveränderungen regelmäßig zu inspizieren. Wer
infiziert sei, solle die Pocken auf der Haut bedecken, um die
Umgebung vor einer Ansteckung zu schützen.

Die Bezirke mit den bislang meisten Fällen sind laut Savaskan
Friedrichshain-Kreuzberg, Schöneberg und Neukölln. Die meisten Fälle

seien verbunden mit Reisen an Orte, wo es größere
Übertragungsereignisse gegeben hatte, nur in wenigen Fällen sei der
Ansteckungsort bisher unklar. «In den Bereich der Sexarbeit sind die
Affenpocken in Berlin bisher nicht nachweislich eingetragen worden -
aber man muss einschränkend dazu sagen, dass die Inkubationszeit ja
21 Tage beträgt, etwaige Infektionen womöglich also erst später
bekannt werden.»

Savaskan unterstrich, dass wegen der unterschiedlichen
Übertragungswege kein Pandemie-Potenzial wie bei Covid-19 zu erwarten
sei.