Entwurf zu gesetzlichen Vorgaben gegen Benachteiligung bei Triage

Berlin (dpa) - Für den Fall zu knapper Intensivkapazitäten in der
Pandemie sollen Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen bei
einer Priorisierung von Patienten gesetzlich ausgeschlossen werden.
Darauf zielt ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums, der einer
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nachkommt. Ressortchef
Karl Lauterbach (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe:
«Behinderung darf kein Grund für Ungleichbehandlung sein.» Auch in
der Pandemie müssten Behandlungsentscheidungen ausschließlich nach
Genesungschancen gefällt werden. Wenn eine Behandlung begonnen wurde,
dürfe sie nicht wegen eines neuen Patienten abgebrochen werden.

In der Corona-Pandemie war das Thema einer solchen «Triage» wegen
teils ausgelasteter Intensivstationen in den Fokus gerückt. Der
Begriff bedeutet, dass Ärzte bei zu wenig Beatmungsgeräten oder
Betten eine Reihenfolge festlegen, wer zuerst behandelt wird.
Hintergrund der vorgesehenen Regelungen ist eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts von Ende vergangenen Jahres. Demnach muss
der Bundestag «unverzüglich» Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit

Behinderungen treffen. Bisher gibt es dazu keinen Gesetzesrahmen,
sondern wissenschaftlich erarbeitete Empfehlungen für Ärzte.

Lauterbach betonte: «In allen Corona-Wellen haben wir verhindert,
dass die Triage Praxis-Alltag wurde. Das soll auch im dritten
Corona-Herbst so bleiben.»

Im Entwurf heißt es, niemand dürfe bei ärztlichen Entscheidungen üb
er
Zuteilungen pandemiebedingt nicht ausreichend vorhandener Kapazitäten
«insbesondere wegen einer Behinderung, der Gebrechlichkeit, des
Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung,
des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung benachteiligt
werden». Zuteilungsentscheidungen dürften «nur aufgrund der aktuellen

und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit» getroffen werden.
Treffen müssten sie zudem einvernehmlich zwei intensivmedizinisch
erfahrene praktizierende Fachärzte, nachdem sie die Patienten
unabhängig voneinander begutachtet haben. Zuerst berichteten die
Funke-Zeitungen über den Entwurf.

Behandlungsabbrüche sollen zudem ausgeschlossen werden. Dazu heißt es
im Gesetzentwurf, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt:
«Bereits zugeteilte überlebenswichtige intensivmedizinische
Behandlungskapazitäten sind von der Zuteilungsentscheidung
ausgenommen.» Dadurch solle ausdrücklich geregelt werden, dass
zugeteilte Kapazitäten nicht mehr zur Disposition stehen, solange
eine intensivmedizinische Behandlung noch indiziert sei und dem
Patientenwillen entspreche, heißt es in der Begründung.