Debatte über Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen in MV

Seit Monaten gehen auch in Mecklenburg-Vorpommern Tausende Menschen
auf die Straße, um gegen die Corona-Politik zu protestieren. Zumeist
verlaufen die Aktionen friedlich, doch längst nicht immer. Die
Politik benennt die Grenzen.

Schwerin (dpa/mv) - Angesichts fortwährender Protestaktionen gegen
staatliche Corona-Maßnahmen und eine mögliche Impfpflicht haben
Politiker mehrerer Parteien das Recht auf Demonstrationsfreiheit
betont, Gewalt und Bedrohungen aber eine klare Absage erteilt. Die
große Mehrheit der Bevölkerung vertraue auf die Wissenschaft und sehe
in Schutzimpfungen den besten Weg, die Pandemie endlich zu
überwinden, sagte der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Julian Barlen
am Montag in Schwerin. Doch gebe es auch Kritiker, und deren gutes
Recht sei es, ihren Protest auf die Straße zu tragen.

Die Akzeptanz ende aber, wenn zu Gewalt oder gar zu Mord angestachelt
werde. Barlen rief dazu auf, sich klar von solchen Tendenzen zu
distanzieren. «Wer mit Neonazis an der Spitze demonstriert, ist ein
Mitläufer.» Der SPD-Politiker bezog sich dabei insbesondere auf
Demonstrationen in Rostock, bei denen Anhänger der rechtsextremen
Szene den Zug angeführt hatten und es auch zu massiven Provokationen
gegenüber der Polizei gekommen war.

CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow sprach sich dafür aus, genau zu
differenzieren. Die Mehrzahl der Demonstranten sei getrieben von
Sorgen und Nöten, die es auch ernst zu nehmen gelte. «Wir dürfen die

Demonstranten nicht per se verteufeln.» Zudem müsse die Politik bei
den Corona-Schutzmaßnahmen «Maß und Mitte» wahren und den Menschen

Perspektiven geben. Wenn die Infektionslage es zulasse, müssten auch
Lockerungen gewährt werden.

Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef André Domke. «Nicht jeder

Demonstrant ist ein Rechtsextremist», betonte er. Angriffe auf
Polizisten oder Drohungen gegen Politiker seien aber nicht zu
tolerieren. «So etwas ist von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt.»
«Friedlicher Protest ist immer legitim. Angriffe etwa auf die Polizei
sind es nicht», sagte die Vorsitzende der Linksfraktion, Jeannine
Rösler. Nach eigenen Angaben wurde auch sie persönlich bereits Ziel
von Drohungen.

Thomas de Jesus Fernandes von der AfD-Fraktion bezeichnete die
Protestaktionen als Ausdruck einer gelebten Demokratie. Dabei gebe es
auch Leute wie etwa von der NPD, die diese Aktionen für sich
vereinnahmen wollten. Er äußerte den Verdacht, dass dies vom
Verfassungsschutz gesteuert sein könne, um die Demonstrationen
insgesamt zu diskreditieren.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rief die Teilnehmer der
Demonstrationen auf, sich von Rechtsextremen zu distanzieren. «Für
Rechte ist die Pandemie nur ein Vorwand. Ihr eigentliches Ziel ist,
unser demokratisches Zusammenleben zu stören und den Rechtsstaat zu
schwächen», sagte Fabian Scheller, Regionsgeschäftsführer des DGB,
am
Montag in Schwerin. Das legitime Demonstrationsrecht zu nutzen, dürfe
nicht dazu führen, dass Rechtsextreme, Querdenker und Reichsbürger
geduldet werden.

Der Landtag befasst sich am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde
erneut mit dem Demonstrationsgeschehen in Mecklenburg-Vorpommern. Für
Montagabend waren landesweit erneut zahlreiche Aktionen angekündigt.
In einer Regierungserklärung wird Ministerpräsidentin Manuela
Schwesig (SPD) bereits am Mittwoch im Parlament Stellung zur
Corona-Politik der rot-roten Koalition beziehen. Vor einer Woche
hatten sich laut Polizei rund 11 000 Menschen in mehr als 25 Städten
an meist friedlichen Protesten gegen Corona-Beschränkungen beteiligt.