Karneval im April? Rio verschiebt berühmte Umzüge wegen Corona erneut

Rio de Janeiro ohne Karneval, das war bereits im vergangenen Jahr ein
harter Schlag. Mit dem Fortschreiten der Impfkampagne wuchs der
Optimismus, für 2022 wurden die Umzüge der Sambaschulen im Sambodrom
wieder angesetzt. Doch nun kommt die Omikron-Variante dazwischen.

Rio de Janeiro (dpa) - Inmitten einer neuen Corona-Welle hat die
brasilianische Metropole Rio de Janeiro wieder die weltberühmten
Karnevalsumzüge verschoben. «Aufgrund der Zunahme der Covid-19-Fälle

in der Stadt kündigen wir an, den Karneval auf den Feiertag
Tiradentes im April zu verlegen», hieß es in einem Tweet der
Stadtverwaltung Rios am Freitagabend (Ortszeit). Der Feiertag fällt
auf den 21. April.

Die Entscheidung sei nach einer Besprechung der Bürgermeister von
Rio, Eduardo Paes, und São Paulo, Ricardo Nunes, der
Gesundheitssekretäre und Präsidenten der Verbände der Sambaschulen
der beiden Städte gefallen. «Es besteht keine Möglichkeit, den
Karneval um jeden Preis abzuhalten. Wir werden viel Sicherheit zur
Veranstaltung im April haben, die wir jetzt nicht haben», hoffte Rios
Gesundheitssekretär Daniel Soranz der Zeitung «Folha de S.Paulo»
zufolge auf eine fallende Kurve der Omikron-Variante.

Den Straßenkarneval in Rio hatte Bürgermeister Paes Anfang des Monats
bereits zum zweiten Mal in Folge abgesagt. Laut dem Nachrichtenportal
«G1» lockte der Karneval in Rio bei seiner bislang letzten Auflage
2020 binnen vier Tagen mehr als drei Millionen Menschen auf die
Straße. Die Pläne für die legendären Umzüge im Sambodrom im Febru
ar
und März, die im vergangenen Jahre zuerst ebenfalls verschoben und
dann abgesagt wurden, blieben indes weiter bestehen. Dort seien
Kontrollen zum Infektionsschutz einfacher umzusetzen, sagte Paes.

So sah die Stadt São Paulo bei den Maßnahmen, die sie diese Woche
veröffentlichte, eine Maskenpflicht für Mitglieder der Sambaschulen
und Zuschauer auf der Tribüne im Sambodrom sowie einen Impfnachweis
für alle Beteiligten vor.

Gesundheitsexperten ließen in brasilianischen Medien jedoch
durchblicken, dass sie von dem Spektakel im Sambodrom abraten würden,
weil sich das Virus trotz geplanter Schutzmaßnahmen nicht
kontrollieren lasse. «Jede Menschenansammlung in den kommenden Wochen
wird ein Grund für eine noch größere Verbreitung der Omikron-Variante

sein», sagte etwa Roberto Medronho, Mitglied des wissenschaftlichen
Komitees, das Rio in der Pandemie berät, der «Folha».

Eine Corona-bedingte Absage würde nach dem Ausfall 2021 erneut
Millionen an Verlust bedeuten. Der Samba ist die Seele Rios, der
Karneval die jährliche Katharsis eines Volkes, bei der sich der Druck
wie aus einem Dampfkochtopf befreit. Für gewöhnlich zieht er jedes
Jahr Millionen Touristen an den Zuckerhut. Dem Portal «Carnavalesco»
zufolge bringt das Spektakel der Stadt umgerechnet rund 620 Millionen
Euro ein.

Sambaschulen bereiten sich trotz der Ungewissheit wegen der Pandemie
teilweise seit Monaten auf die möglichen Umzüge vor. «Bei der
Mangueira arbeiten alle daran, dass die Wägen und Kostüme bis zum 20.
Februar fertig sind, egal was die zuständigen Stellen entscheiden»,
zitierte das Nachrichtenportal «G1» den künstlerischen Direktor
Leandro Vieira. Dabei war die Mangueira eine der Schulen, die sich
der besonderen Umstände der Pandemie am meisten bewusst war, etwa
waren Ungeimpfte Vieira zufolge nicht willkommen.

In Brasilien haben sich nach offiziellen Angaben mehr als 23,5
Millionen der 210 Millionen Landesbewohner mit dem Coronavirus
infiziert. Fast 623 000 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19
gestorben - eine der höchsten Todeszahlen weltweit. Mit dem
Fortschreiten der Impfkampagne sank die Zahl der neu hinzukommenden
Toten stark, der Optimismus vor allem in Rio wuchs. Inzwischen sind
fast 70 Prozent der brasilianischen Bevölkerung komplett geimpft.

Zuletzt stieg die Zahl der Neuinfektionen wieder enorm, auch
beeinflusst durch die Omikron-Variante und Feiern zu Weihnachten und
Silvester. Am Mittwoch meldete Brasilien erstmals mehr als 200 000
neue Corona-Fälle in einem Tag. Zur Einreise in das Land wird ebenso
wie vielerorts für den Besuch von öffentlichen Einrichtungen ein
Impfnachweis verlangt.