Corona-Entspannung für Intensivstationen - aber Druck bleibt hoch

Die Omikron-Welle stellt die meisten Kliniken vor ein doppeltes
Problem: Sie müssen verschobene Operationen nachholen, aber es
erkranken auch immer mehr Mediziner, Krankenschwestern und
Pflegekräfte.

Stuttgart (dpa/lsw) - Trotz der sinkenden Zahl von Covid-Patienten
auf den Intensivstationen bleibt der Druck auf das Personal aus Sicht
der Kliniken hoch. Zwar sei die Situation nicht mehr so angespannt
wie noch Anfang Dezember, als bis zu 670 Menschen mit einer
Corona-Infektion in Intensivbetten behandelt werden mussten.
Allerdings sei die Lage in den Kliniken noch weit davon entfernt,
entspannt zu sein, sagte Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer der
Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), am Freitag.
Gründe seien die zunehmende Zahl ausfallender Mediziner und
Pflegekräfte sowie der Stau an Operationen von Menschen, die nicht
wegen Covid-19 behandelt werden müssen.

«Die Zahl der Krankmeldungen nimmt zu, manche oder mancher hat die
Arbeitszeit reduziert und einige haben ihrem Beruf sogar ganz den
Rücken gekehrt», sagte Einwag der Deutschen Presse-Agentur. Die
Personaldecke sei aktuell dünner als in «normalen Zeiten». Stiegen
nun die Patientenzahlen wegen der explodierenden Infektionszahlen
stark an und müssten die Kliniken gleichzeitig durch Krankheit und
Quarantäne erhebliche Personalausfälle verkraften, «wird es richtig
eng», sagte Einwag. «Dann wird die Zahl der planbaren Operationen
noch weiter reduziert werden müssen, was für die betroffenen
Patienten eine große Belastung bedeutet.»

Nach Angaben des Landesgesundheitsamts liegen immer weniger
Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen. «Aber in der Pandemie
hat sich gezeigt, dass die Zahl der «Nicht-Covid-19-Patienten» auf
den Intensivstationen steigt, sobald die Zahl der Covid-19-Patienten
sinkt», sagte Einwag.

So seien im Sommer 2021 fast 1900 «Nicht-Covid-Patienten» auf den
baden-württembergischen Intensivstationen behandelt worden, sagte er.
Im Dezember 2021 seien es nur noch etwa 1400 gewesen und derzeit 1677
(Stand: 20.1.). «Daran lässt sich ablesen, in welchem Maß planbare
Operationen verschoben werden mussten und immer noch werden müssen»,
erklärte Einwag.

Mit der sinkenden Auslastung mit Covid-19-Patienten würden diese
planbare OPs nachgeholt und die Belegungszahlen stiegen wieder.
Außerdem bemühten sich die Krankenhäuser, die Zahl der aufgeschobenen

Operationen nicht noch größer werden zu lassen.

Nach Angaben der BWKG werden auf den baden-württembergischen
Normalstationen derzeit rund 750 Patientinnen und Patienten im
Zusammenhang mit dem Coronavirus behandelt. Zum Höhepunkt der vierten
Welle Anfang Dezember 2021 seien es dort dagegen rund 1700 Menschen
gewesen.

Die Situation sei derzeit nicht besorgniserregend, resümierte Einwag,
er ergänzte aber: «Das Problem ist, dass niemand sagen kann, wie sich
die Situation in den Krankenhäusern mit der Omikron-Variante in den
nächsten Wochen weiterentwickeln wird.» Die Prognosen hierzu gingen
sehr weit auseinander. «Sicher ist nur, dass die Zahl der Infizierten
weiter sprunghaft steigt.»