Xenotransplantation: Hirntoter Patient erhält Schweinenieren

Birmingham, Alabama (dpa) - Gut zwei Wochen nach der Transplantation
eines Schweineherzens in einen Menschen berichten US-Mediziner von
der Übertragung von Schweinenieren auf einen Menschen. Bei dem
Eingriff ging es allerdings nicht darum, das Leben des Patienten zu
retten, sondern um eine grundsätzliche Erprobung des Verfahrens - der
Mann war zum Zeitpunkt der Transplantation bereits hirntot. Für einen
deutschen Experten zeigt die Studie, wie weit die
Xenotransplantation, also die Übertragung von tierischen Organen auf
den Menschen, mittlerweile gekommen ist. Bis zur tatsächlichen
Anwendung müssten jedoch noch einige Fragen beantwortet werden.

Die Ärzte der University of Alabama at Birmingham (UAB) hatten die
Nieren eines genetisch veränderten Schweins auf den 57-jährigen,
hirntoten Mann übertragen, wie sie im «American Journal of
Transplantation» berichten. Sie simulierten dazu so weit wie möglich
jeden Schritt einer herkömmlichen Organspende zwischen zwei Menschen.
«Mit dieser Transplantation konnten wir zeigen, dass man eine Niere
von einem gentechnisch veränderten Schwein in einen erwachsenen,
hirntoten Menschen implantieren kann und dass sie ihre Integrität
behält, also normal durchblutet wird,» sagte die leitende Chirurgin
Jayme Locke laut einer Mitteilung.

Tatsächlich begannen die Nieren, Urin zu produzieren, bis das
Experiment nach 77 Stunden beendet wurde. Dabei beobachteten die
Mediziner keine lebensbedrohliche, hyperakute Abstoßungsreaktion. So
eine Reaktion kann innerhalb von Minuten nach einer Transplantation
auftreten - bei Xenotransplantationen und auch bei Transplantationen
von Mensch zu Mensch.

Konrad Fischer, Leiter des Forschungsbereichs Xenotransplantation an
der Technischen Universität München (TUM), sieht den wesentlichen
Pluspunkt der vorgestellten Arbeit darin, dass jemand den ersten
Schritt gemacht habe. «Wir haben jahrzehntelang umfangreiche
vorklinische Versuche durchgeführt, nun zeigt diese Arbeit die
Übertragbarkeit auf den Menschen und macht der Welt deutlich, wie
weit wir in der Xenotransplantation schon gekommen sind.» Insofern
stelle die Studie einen Teil der Vorarbeit dar, die nötig sei, um
erste klinische Versuche an Menschen durchführen zu können.

Problematisch für eine Beurteilung des Eingriffes hingegen sei, dass
der Mann zum Zeitpunkt der Transplantation bereits einige Tage tot
gewesen sei. «Die Transplantation voll funktionsfähiger Organe in
einen Körper, der bereits runterfährt, macht eine Abschätzung
schwierig», fasst er zusammen.

Weltweit herrscht ein Mangel an Spenderorganen, mit Abstand am
größten ist er bei Nieren. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BzgA) warteten im Jahr 2020 in Deutschland 7338 Menschen
auf eine Spenderniere. 1909 Nierentransplantationen wurden
vorgenommen.