Bericht: Polizei nutzt Corona-Kontakterfassungsdaten für Ermittlungen

Mainz (dpa) - Staatsanwaltschaften und Polizei haben einem Bericht
zufolge seit 2020 in mehr als 100 Ermittlungsverfahren bundesweit auf
persönliche Daten aus der Corona-Kontakterfassung zurückgegriffen.
Das geht aus einer Umfrage des ZDF-Nachrichtenportals «heute.de»
unter allen Staatsanwaltschaften und Landesdatenschutzbeauftragten
hervor. In mindestens fünf Fällen wurden die Daten verwendet, obwohl
dem Bericht zufolge das Infektionsschutzgesetz dies zu dem Zeitpunkt
nicht zuließ.

Die Staatsanwaltschaft Mainz wertete zum Beispiel die Daten von 21
Personen aus der Luca-App aus, um Zeugen eines Treppensturzes in
einer Gaststätte zu finden. Im Sommer 2021 prüfte die Polizei nach
Angaben der Staatsanwaltschaft Koblenz die Papierliste eines
Gastwirts, um einem Dieb auf die Spur zu kommen. Die
Staatsanwaltschaft Stuttgart teilte dem ZDF mit, die Polizei habe im
Juli 2021 die Gästeliste einer Veranstaltung wegen des Verdachts
eines versuchten Tötungsdelikts ausgewertet.

Ein Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten kritisierte dem
Bericht zufolge Regelungen, nach denen in den meisten Bundesländern
die Corona-Warn-App des Bundes nicht als Alternative zur Luca-App
erlaubt sei: «Mit dem Check-In der Corona-Warn-App steht eine Lösung
bereit, bei der aufgrund des dezentralen Ansatzes eine unerlaubte
Datenabfrage nicht möglich ist.» Patrick Hennig, Geschäftsführer de
s
Betreibers der Luca-App - der Firma culture4life - sagte der
Deutschen Presse-Agentur, dass der Großteil der Ermittlungen sich
jedoch auf Kontakterfassung in Papierform beziehe.