Bis zu 40 Kliniken in Niedersachsen droht die Schließung

Es klingt paradox: Damit die Qualität der Behandlungen besser wird,
sollen zahlreiche Kliniken schließen. SPD und CDU wollen der
Krankenhauslandschaft noch in diesem Jahr eine neue Struktur geben.

Hannover (dpa/lni) - Eine bessere medizinische Versorgung mit weniger
Krankenhäusern - diesen Spagat wollen Niedersachsens
Regierungsfraktionen SPD und CDU mit einer umfassenden Strukturreform
schaffen. Die Pläne dürften dazu führen, dass zahlreiche Kliniken
schließen müssen. Von den derzeit 168 Krankenhäusern im Land könnte
n
in den kommenden zehn Jahren etwa 30 bis 40 wegfallen, sagte
CDU-Sozialpolitiker Volker Meyer am Donnerstag in Hannover.

Ziel der Reform ist es, eine wohnortnahe Versorgung einerseits und
hochwertige Behandlungen andererseits sicherzustellen. «Wir wollen
spezielle Versorgungsleistungen konzentrieren und gleichzeitig eine
flächendeckende Versorgung gewährleisten», sagte Meyer. Dafür sind

drei Stufen mit sogenannten Grund-, Schwerpunkt- und
Maximalversorgern vorgesehen.

Die Grundversorger sollen für jeden innerhalb von 30 Minuten
erreichbar sein, etwa bei Notfällen. Für die Schwerpunktversorger, zu
denen auch Fachabteilungen wie Kardiologie oder Geburtshilfe zählen
sollen, ist eine Erreichbarkeit binnen 45 Minuten vorgesehen. Die
Maximalversorger mit einer Mindestgröße von 600 Betten stellen die
Spitze des Systems dar. Von ihnen soll es in jeder der künftig acht
Versorgungsregionen (Nord, Nordwest, Oldenburg, Osnabrück, Lüneburg,
Hannover, Braunschweig und Süd) einen geben.

Der SPD-Sozialpolitiker Uwe Schwarz betonte, es gehe nicht um eine
«Schließungsorgie». Allerdings habe das Land bisher keine
Möglichkeit, Krankenhäuser vom Markt zu nehmen, selbst wenn diese
ihrem Versorgungsauftrag über Monate nicht mehr nachkommen. «Wir
vergeuden zurzeit Ressourcen», sagte Schwarz.

Die unterschiedlichen Voraussetzungen zeigten sich auch in der
Corona-Krise. So hätten 40 Prozent der Krankenhäuser rund 94 Prozent
aller Covid-19-Patienten im Land behandelt. Insgesamt seien überhaupt
nur 56 Prozent der Krankenhäuser an der Corona-Versorgung beteiligt,
weil nur sie medizinisch dazu in der Lage seien. Es sei daher ein
Irrglaube, dass jedes Krankenhaus erhalten bleiben müsse, sagte
Schwarz. Betten gebe es genug, es fehle vielmehr das Personal.

Als nächstes befasst sich der Sozialausschuss des Landtags mit der
Krankenhausreform. Nach Vorstellungen von SPD und CDU soll sie noch
vor der Landtagswahl im Herbst beschlossen werden. Bis zur
vollständigen Umsetzung könne es dann zwei bis drei Jahren dauern.

Die Grünen begrüßten das Vorhaben, weil der Wandel hin zu einer
Grundversorgung in der Fläche und spezialisierten Zentren in großen
Kliniken bereits begonnen habe. Klar sei aber auch, dass das Land
dafür mehr Geld als bisher bereitstellen müsse, sagte die
Grünen-Abgeordnete Meta Janssen-Kucz.

Auch die Krankenhausgesellschaft (NKG) betonte, dass zur Stärkung der
ärztlichen Versorgung im Land Investitionen nötig seien. Das geplante
Stufensystem begrüßte die NKG. Bei der Zusammenführung von Standort
en
müssten jedoch immer alle Verantwortlichen vor Ort einbezogen werden.
Entscheidend sei am Ende, dass es in Niedersachsen keine «weißen
Flecken» in der medizinischen Versorgung gebe.