Minister: Johnson durch Tory-Rücktrittsforderung «beschädigt»

London (dpa) - Trotz eines kämpferischen Auftritts im britischen
Parlament lässt der Druck auf Premierminister Boris Johnson nicht
nach. Die aufsehenerregende Rücktrittsforderung des konservativen
Abgeordneten David Davis im Unterhaus habe Johnson «beschädigt»,
räumte Gesundheitsminister Sajid Javid am Donnerstag im Sender Sky
News ein. Er warb darum, die interne Untersuchung zur
«Partygate»-Affäre um Lockdown-Partys im Regierungssitz abzuwarten,
die kommende Woche erwartet wird. Davis hatte seinem Parteikollegen
Johnson am Mittwoch zugerufen: «In Gottes Namen - gehen Sie!»

Javid räumte ein, dass Johnson zurücktreten müsse, falls der Bericht

der ranghohen Beamtin Sue Gray ihm Fehler nachweist. Die Vorschriften
seien klar. «Falls ein Kabinettsmitglied, beginnend beim Premier, das
Gesetz bricht, sollte es natürlich nicht weiter im Kabinett dienen»,
sagte Javid. «Es gibt keine Ausnahme von dieser Regel.»

Der frühere Brexit-Minister Davis warnte in der Zeitung «Telegraph»:

«Die Partei muss eine Entscheidung treffen, oder wir laufen Gefahr,
einen langsamen und qualvollen Tod zu sterben.» Auch weitere
Tory-Abgeordnete fordern einen Rücktritt Johnsons. Allerdings haben
die Rebellen offensichtlich die notwendige Mehrheit von 54 Stimmen
für ein Misstrauensvotum bisher nicht erreicht.

Johnson will nicht freiwillig zurücktreten, wie der «Telegraph»
berichtete. Er habe am Mittwochnachmittag in Gesprächen mit
unzufriedenen Tories versucht, die Abgeordneten wieder auf seine
Seite zu ziehen. Politische Beobachter in London betonten, Johnsons
Auftritt im Parlament und die vom Hardliner-Flügel verlangte
Aufhebung der Corona-Regeln hätten ihm eine Atempause verschafft.
Auch der Wechsel des Tory-Rebellen Christian Wakeford zur
oppositionellen Labour-Partei habe für einen stärkeren Zusammenhalt
in den Reihen der Konservativen gesorgt.