Sehnsuchtsort in Pandemie: Mobile Sauna immer beliebter Von Britta Körber und Christina Sticht, dpa

Weil Saunen in Schwimmbädern oder Fitnessstudios coronabedingt
monatelang geschlossen waren, schaffen sich immer mehr Menschen
Hitzekabinen für Daheim an. Teilweise lassen sich die Wellness-Oasen
im Miniaturformat sogar mieten. Was macht den Reiz aus?

Lüneburg (dpa/lni) - Klein und etwas versteckt am Rande von Lüneburg
wirkt die mobile Sauna auf einem Anhänger verlassen und unscheinbar.
Doch der Eindruck täuscht, drinnen ist es heimelig warm, ein Ofen
heizt fast ständig ein, denn die Nachfrage ist groß. «Das hat sich so

radikal herumgesprochen, dass ich die Sauna an vier Tagen die Woche
vermiete», erzählt Indra Küster in dem kuscheligen Holzhäuschen. Mi
t
einer Anschubfinanzierung von 2500 Euro als Förderung des urbanen
Raumes hat sie den Ofen finanziert, das Häuschen baute sie selbst.

Um andere daran teilhaben zu lassen, entwarf die
Kulturwissenschaftlerin den Plan in einem Workshop für Frauen, die
ihr beim Bauen halfen. «Es gibt viele Interessierte, denen ich den
Bauplan bereits geschickt habe», berichtet die 31-Jährige. Die Idee
entstand nach einem Auslandsjahr in Schweden, wo Saunabesuche so
populär sind wie in England die Einkehr in den Pub. «Ich habe das
super vermisst in Lüneburg. In der Sauna sind alle Menschen gleich
und es entstehen oft besondere Gespräche», sagt die Studentin der
Leuphana-Universität.

Die schier nicht enden wollende Pandemie, die nasskalte, dunkle
Jahreszeit und viel zu viele negative Nachrichten: Viele Menschen
sehnen sich nach einer Auszeit, die der Seele guttut.

«In der Sauna kann man wunderbar entspannen», sagt Rolf-Andreas
Pieper. Seit 38 Jahren setzt sich der Sportwissenschaftler fürs
Saunieren ein, er gehört zum Präsidum des Deutschen Sauna-Bundes mit
Sitz in Bielefeld. Aus Piepers Sicht ist das gesundheitsfördernde
Hobby in der Pandemie zu schlecht weggekommen, Politiker seien
offenbar keine Saunafreunde. Zumindest im Innenraum bei Temperaturen
von 70 Grad gingen die Coronaviren kaputt, betont er.

Nach Angaben des Deutschen Sauna-Bundes bezeichneten sich vor der
Pandemie knapp 31 Millionen Menschen bundesweit als Saunagänger,
davon besuchten 16 Millionen öffentliche Bäder. «Während die
öffentlichen Saunabäder pandemiebedingt 30 bis 50 Prozent
Umsatzeinbußen verschmerzen müssen, haben Hersteller mit privaten
Saunas 15 bis 20 Prozent höhere Verkaufserlöse», sagt Branchenkenner

Pieper.

Den Zuwachs bei Privat-Saunas zeigten auch Daten des Statistischen
Bundesamtes, sagt Thorsten Damm vom Bundesfachverband Saunabau,
Infrarot- und Dampfbad in Wiesbaden. Im Vergleich zum ersten Halbjahr
2020 hätten 13 deutsche Hersteller im ersten Halbjahr 2021 bei
Saunakabinen aus Holz eine Steigerung der Stückzahlen von 118 Prozent
verzeichnet. Es seien deutlich mehr Kabinen eingebaut worden, aber im
Schnitt weit günstigere als 2020, also eher im Privatbereich. In
große Anlagen sei dagegen weniger investiert worden.

Vielerorts können inzwischen mobile Saunen gemietet werden. Die
Geschäftsidee habe in der Pandemie einen starken Schub bekommen und
sich für alle Betreiber hervorragend entwickeln können, sagen Gina
Hoog und Timo Maurer. Sie vermieten in Celle seit kurzem eine
hölzerne Fasssauna, derzeit noch als Nebengewerbe. Das Fass wird zu
den Kunden aufs Grundstück geliefert, etwa in den Garten oder die
Auffahrt - ausreichend Platz vorausgesetzt. Junge Erwachsene nutzten
das Angebot genauso wie Rentner, berichten die beiden.

In Lüneburg verlangt Indra Küster minimale Beiträge für die Nutzung

ihrer selbstgebauten Sauna. Wer kein Geld hat, darf auch kommen. Sie
selbst kümmert sich um ihre künstlerischen Projekte in einem
benachbarten Bauwagen, wenn der Saunabetrieb läuft. Das Ganze ist ein
großer Aufwand, sie betrachtet es als ehrenamtliche Arbeit.

Über die Crowdfunding-Plattform «Startnext» findet sie schnell
Helfer, wenn der Anhänger mit der Sauna an eine andere Stelle
verrückt werden soll. Der Führerschein dafür fehlt Küster noch. «
Ich
bin mega-dankbar, wie viele Hilfsangebote ich ständig bekomme»,
erzählt sie. Bis zu fünf Menschen passen zum Schwitzen in die kleine
Oase, vermietet wird immer für eineinhalb Stunden. Als kalte Dusche
dient ein aufgehängter Eimer Wasser. «Es ist schön zu sehen, dass die

Leute mit einem Strahlen nach Hause gehen.» Sie freut sich, dass der
besondere Ort niemals vermüllt oder dreckig hinterlassen werde.

Die Idee eines Lagerfeuers oder eines begleitenden Konzerts hat sie
auf die Nach-Corona-Zeit verschoben. Dann soll der Anhänger auch
umherfahren, mal in der Natur, mal in der belebten Innenstadt oder
auch auf dem Parkplatz von Aldi genutzt werden. Für Indra Küster ist
die mobile Sauna quasi auch ein Kunstprojekt.