Amnesty International: wichtiger Prozess für Aufarbeitung

Frankfurt/Main/Berlin (dpa/lhe) - Der Prozess gegen einen wegen
Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagten syrischen Arzt vor
dem Oberlandesgericht Frankfurt ist nach Meinung von Amnesty
International ein deutliches Zeichen gegen Straflosigkeit. Das an
diesem Mittwoch beginnende Verfahren sei ein wichtiger Schritt in
Richtung Aufarbeitung der Massenverbrechen in Syrien, betonte die
Menschenrechtsorganisation. Der Prozess werfe erstmals einen
detaillierten Blick auf die Funktion der Militärkrankenhäuser im
syrischen Unrechtsapparat.

Amnesty International begrüßte, dass unter anderem sexualisierte
Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt ist. «Diese
Art von Gewalt bedeutet für die Betroffenen in Syrien eine
lebenslange Stigmatisierung und steht bei Prozessen nach dem
Völkerstrafgesetzbuch bisher leider häufig nicht im Fokus», hieß es

in einer Stellungnahme. Das Verfahren könnte daher andere Überlebende
von sexualisierter Gewalt ermutigen, ihr Schweigen zu brechen.
Insgesamt zeige der Prozess, dass nicht nur Soldaten und Mitarbeiter
des Geheimdienstes, sondern jede Person nach dem Weltrechtsprinzip
zur Rechenschaft gezogen werden könne.

Aktuell seien Prozesse nach dem Weltrechtsprinzip außerhalb von
Syrien die einzige Möglichkeit, um die Verbrechen der syrischen
Regierung zumindest teilweise aufzuarbeiten und Täter zur
Rechenschaft zu ziehen. Für die syrische Bevölkerung sei dies ein
wichtiger Schritt gegen Straflosigkeit. Umfassende Gerechtigkeit für
alle Betroffenen der Massenverbrechen könnten solche Prozesse jedoch
nicht gewährleisten.

In dem Verfahren, das an diesem Mittwoch beginnt, wirft die
Bundesanwaltschaft dem angeklagten Arzt vor, in den Jahren 2011 und
2012 in einem Armeekrankenhaus und einem Gefängnis des
Militärgeheimdienstes im syrischen Homs Gefangene gefoltert und ihnen
schwere körperliche und seelische Schäden zugefügt zu haben. Die
Opfer sollen der Opposition gegen Machthaber Baschar al-Assad
zugerechnet worden sein.