Ärzte sollen bald über Möglichkeit zur Abtreibung informieren dürfe n

Frauen und Mädchen sollen in Zukunft leichter herausfinden können,
welche Ärztinnen und Ärzte in ihrer Nähe Schwangerschaftsabbrüche
vornehmen. Für Mediziner bietet ein entsprechender Vorschlag aus dem
Justizministerium mehr Rechtssicherheit.

Berlin (dpa) - Ärzte können wohl schon bald öffentlich über
verschiedene Möglichkeiten für Schwangerschaftsabbrüche in ihrer
Praxis informieren, ohne dafür eine Strafe fürchten zu müssen.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) legte am Montag einen
Entwurf für die Aufhebung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch vor,
der bisher die «Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft»
verbietet. Als «Werbung» im Sinne des Gesetzes gelten schon
ausführliche Informationen über verschiedene Methoden des
Schwangerschaftsabbruchs sowie die damit jeweils verbundenen Risiken.

Das will die Ampel-Koalition ändern. Der Entwurf wird mit den anderen
Ressorts der Bundesregierung jetzt abgestimmt. «Eine längst
überfällige Modernisierung», schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

bei Twitter. SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem
Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass «Ärztinnen und Ärzte in
Zukunft öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche
bereitstellen können sollen, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu
müssen». Sie hielten darin außerdem fest: «Die Möglichkeit zu
kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen

Gesundheitsversorgung.»

Erst seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2019 dürfen Praxen, etwa auf
ihrer Webseite, überhaupt darüber informieren, dass sie solche
Eingriffe vornehmen. Weitere Auskünfte, beispielsweise über die Art
der Abbrüche, blieben aber weiterhin untersagt. Für Ärztinnen und
Ärzte habe auch nach der Reform noch Rechtsunsicherheit bestanden,
heißt es in der Begründung des Entwurfs aus dem Justizministerium,
der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das Ministerium verwies
darin auch auf ein Urteil des Landgerichts Gießen, gegen das eine
Ärztin Verfassungsbeschwerde eingelegt hat.

Es dürfe nicht sein, dass jedermann im Internet alle möglichen Dinge
über Schwangerschaftsabbrüche verbreiten dürfe, nur die dafür
besonders qualifizierten Fachleute nicht, sagte Buschmann in Berlin.
«Die Situation für die betroffene Frau ist schwierig genug - wir
dürfen sie nicht noch erschweren.» Anpreisende oder grob anstößige

Werbung bleibe nach dem ärztlichen Standesrecht weiterhin
ausgeschlossen.

Am Schutzkonzept für ungeborenes Leben ändere die geplante Reform
nichts, betonte Buschmann. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in
Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, unter bestimmten Bedingungen
aber nicht strafbar. Eine Frau darf innerhalb der ersten zwölf
Schwangerschaftswochen abtreiben lassen, wenn sie sich beraten lässt
und dem Arzt einen Beratungsschein vorlegt. Eine Abtreibung bleibt
auch nach Ablauf der Frist straffrei, wenn für die Schwangere
Lebensgefahr besteht oder ihr eine schwerwiegende körperliche oder
seelische Beeinträchtigung droht.

«Die Wirksamkeit des Beratungsmodells zeigt sich auch daran, dass die
Zahl der in Deutschland vorgenommenen Schwangerschaftsabbrüche seit
Jahren sinkt», heißt es in dem Entwurf des Bundesjustizministeriums.
Allerdings kann es je nach Wohnort schwierig werden, in der Nähe
jemanden zu finden, der Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.

Es sei wichtig, dass ungewollt schwangere Frauen in dieser
schwierigen Lebenssituation «nicht noch lange Wegstrecken zurücklegen
müssen, dafür wollen wir sorgen», sagte Buschmann. Im
Koalitionsvertrag heißt es dazu: «Schwangerschaftsabbrüche sollen
Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein.»

Der Linksfraktion geht die geplante Reform nicht weit genug. «Ein
Schwangerschaftsabbruch ist keine Straftat, sondern ein
wichtiger Teil der reproduktiven Selbstbestimmung. Er hat deswegen
auch nichts im Strafgesetzbuch zu suchen», sagte die frauenpolitische
Sprecherin der Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek.

Mögliche weitere Gesetzesänderungen zu Fragen der reproduktiven
Medizin werde eine Kommission vorbereiten, sagte der Justizminister.
Dazu gehöre beispielsweise auch eine bessere Unterstützung für
ungewollt kinderlose Paare.