Regierung: Querdenker schicken Drohschreiben an Schulen

In der Pandemie wird über kaum ein Thema emotionaler diskutiert als
über Corona-Maßnahmen an Schulen und Kitas. Oft belassen es die
Gegner nicht bei Wörtern: Die Regierung berichtet von konkreten
Drohungen und Aktionen von sogenannten Querdenkern im Schulumfeld.

Berlin (dpa) - In der Corona-Krise haben sogenannte Querdenker,
Reichsbürger und Selbstverwalter nach Angaben der Bundesregierung
auch Schulen und Kitas ins Visier genommen. Der Regierung sei
bekannt, dass Gegner der Corona-Maßnahmen und der Impfkampagne in
einzelnen Fällen vor Schulgebäuden demonstrierten und «dabei zuweilen

auch das Zwiegespräch mit Schülern suchten». Das ergab sich aus einer

Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken, die
der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. «Hierbei handelte es sich zum
Teil auch um führende Personen der «Querdenken-Bewegung»», schreibt

das Ministerium weiter.

Zudem berichtet die Regierung von Briefen, E-Mails und Drohschreiben,
die Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter an Schulen, Behörden,
Lehrerkollegien und Kitas gesendet haben. In manchen Schreiben werden
demnach «pseudojuristische Argumente» angeführt, die den Corona- oder

Masken-Verordnungen ihre Rechtsgültigkeit absprechen. Reichsbürger
und Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland und ihr
Rechtssystem nicht an. Ob es im Zusammenhang mit den genannten
Aktionen auch zu Straftaten kam, dazu habe das Innenministerium
«keine Erkenntnisse».

Die Informationen der Bundesregierung bestätigen Befunde einer
repräsentativen Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE, an der
Lehrkräfte im Mai teilnahmen. 22 Prozent hatten darin angegeben, dass
sie an der eigenen Schule Beschimpfungen, Bedrohungen oder
Beleidigungen im «Zusammenhang mit der Durchsetzung von
Infektionsschutzmaßnahmen» erlebt hatten. 25 Prozent der Befragten
berichteten von Beschimpfungen und Bedrohungen per Mail oder in
Chats.

Rund sieben Prozent der Lehrkräfte gaben auch an, persönlich von
solchen Vorfällen betroffen gewesen zu sein. Als Beispiele wurden
Drohungen beim Elternabend, eskalierende Gespräche, Briefe sowie
Drohungen mit Strafanzeigen und Berufsverboten genannt. Der Verband
berichtete auch von Plakataktionen und Demonstrationen im Umfeld von
Schulen. Anwaltsschreiben oder standardisierte Schreiben, die sich
Eltern im Netz heruntergeladen haben, seien an Lehrer verschickt
worden.

Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann rief die Bundesländer mit Hinblick
auf die neuen Erkenntnisse der Bundesregierung dazu auf, «als
Dienstherr» ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen. Etwaige Angriffe auf
Lehrkräfte müssten konsequent verfolgt und angemessen geahndet
werden. «Schulleitungen und Lehrkräfte dürfen in dieser belastenden
Situation nicht im Stich gelassen werden.»

Die Bildungsexpertin der Linken, Nicole Gohlke, nannte die Befunde
alarmierend. «Ich erwarte vom Bundeskriminalamt und den
Länderpolizeien, dass sie alles dafür tun, damit Beschäftigte und
Kinder ohne Angst vor Einschüchterungen in die Schulen und Kitas
gehen können.» Was heute noch Hetze ist, könnte sehr bald in tätlic
he
Übergriffe übergehen, warnt sie.