Bauboom und Corona - Sägewerke mit vollen Auftragsbüchern Von Ute Wessels, dpa

Bauen mit Holz liegt im Trend und in der Corona-Pandemie steigt die
Nachfrage zusätzlich deutlich an - die Preise auch.

Plößberg (dpa/lby) - Baumstämme so weit das Auge blicken kann - auf
dem Gelände der Firma Ziegler in der Oberpfalz sind in langen Reihen
Fichten- und Kiefernhölzer aufgeschichtet. Mehrere Meter hoch sind
die Stapel. Hier, in einem der größten Sägewerke Europas, werden sie

zu Schnittholz verarbeitet. Jeden Tag kommen rund 340
Lastwagen-Lieferungen hinzu, 9000 Festmeter Holz laufen wiederum
durch die Säge. Unternehmen aus der Holzbranche verzeichnen volle
Auftragsbücher. Nicht nur, aber auch wegen Corona.

Der Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH)
spricht mit Blick auf 2021 von einem Jahr der Extreme. Dem heimischen
Markt habe so viel Holz zur Verfügung gestanden wie nie zuvor,
bilanziert DeSH-Präsident Jörn Kimmich. «Die Industrie hat damit
nicht nur kurzfristig und flexibel auf das Marktgeschehen reagiert,
sondern auch Potenziale aufgezeigt, die für die Zukunft der
nachhaltigen Holzverwendung in Deutschland wegweisend sind.»

Nach der enormen Nachfrage im ersten Halbjahr 2021 sei die Nachfrage
in der zweiten Jahreshälfte deutlich gesunken - wegen der großen
Vorräte und Lagerbestände bei Handel und Verarbeitern. Hier wäre mehr

Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage wichtig, so Kimmich.

Dass die Geschäfte bei der Ziegler Group in Plößberg im Landkreis
Tirschenreuth gut laufen, ist der neu eröffneten Firmenzentrale
anzusehen. Von dem Holzbau aus steuert das Familienunternehmen mit
rund 2200 Mitarbeitern die Geschäftsbereiche Holzverarbeitung,
Logistik, Haus- und Maschinenbau sowie Gastronomie. Für 2021 habe die
Ziegler Group einen Umsatz von 900 Millionen Euro angepeilt, sagt
Geschäftsführer Andreas Sandner. Bei einer jährlichen Verarbeitung
von 2,2 Millionen Festmetern Holz an einem einzigen Standort sei das
Sägewerk das größte in Europa.

Sägewerke zählen zu den Profiteuren der Corona-Pandemie. Der Bauboom
hatte aber schon zuvor begonnen. Klimafreundliches Bauen liege im
Trend, so Sandner. Heutige Bauherren stammten aus der «Generation
Nachhaltigkeit». Holzbau sei klimafreundlicher als zum Beispiel
Betonbau. Beim Thema Umweltschutz sei ein «Fridays for Future»-Effekt
spürbar. Bauherren legten mehr Wert darauf, so zu bauen, dass die
Auswirkungen auf die Generation ihrer Kinder möglichst gering sind.

Die Pandemie habe die Situation in vielerlei Hinsicht verschärft.
«Insbesondere der Do-it-yourself-Bereich verzeichnete in der ersten
Phase der Pandemie einen Nachfrageschwung, da gerade Privatleute in
die eigene Immobilie investierten.» Die Menschen verreisten weniger
und machten es sich daheim schön - beispielsweise mit einer neuen
Terrasse oder neuen Sauna.

Mit der Nachfrage nach Schnittholz zu Beginn der Pandemie schnellten
die Preise in die Höhe, später ließen gestiegene Kosten die Preise
steigen. «So kam es teilweise zu einer Vervielfachung der Preise für
einzelne Schnittholzsortimente», blickt Sandner zurück.

Die hohen Preise seien leider bei den Waldbauern nicht gleichermaßen
angekommen, kritisiert ein Sprecher des Waldbesitzerverbandes.
Waldbauern seien nur bereit, Verträge mit Sägewerken zu schließen,
wenn der Preis stimme.

Das Landwirtschaftsministerium schreibt in seinem Holzmarktbericht
für 2021, dass sich die Situation für die Waldbesitzer zwischen dem
ersten und dem zweiten Quartal leicht verbessert habe. «Die
ungebrochen hohe Nachfrage nach Nadelschnittholz im Inland und in den
wichtigen Exportmärkten hat zu regional kräftigen Preisanstiegen auch
beim Fichtenrundholz geführt, wobei diese keineswegs die Entwicklung
auf den Abnahmemärkten widerspiegeln.»

Abgesehen von der Nachfrage habe Corona auch organisatorische Folgen
gehabt, sagt Sandner. Mitarbeiter aus Tschechien hätten wegen der
Grenzschließung in Hotels gewohnt und folglich ihre Familien nicht
besuchen können. Sandner spricht von großer Solidarität der
Mitarbeiter gegenüber dem Betrieb. Später hätten Grenzpendler wegen
verschärfter Kontrollen an der Grenze Einschränkungen gehabt.

Auch auf die Exporte habe sich die Pandemie ausgewirkt. Die Ziegler
Group liefere etwa 70 Prozent ihres Holzes ins Ausland, vor allem
nach Australien, Dubai und China. Die Kunden zu bedienen - also die
Frachtschiffe am Laufen zu halten - sei eine logistische
Herausforderung gewesen.

Das Coronavirus werde wohl auch in Zukunft ein Begleiter bleiben, die
größeren Themen in der Branche seien aber der Klimawandel und die
Nachfrage beim nachhaltigen Bauen. Die Nadelhölzer Fichte und Kiefer
seien hier die Lösung, auch für anspruchsvolle Konstruktionen. Gerade
bei diesen Bäumen - Flachwurzler - sei strategischer Waldbau wichtig,
um Borkenkäferbefall und Trockenheitsschäden gering zu halten.

Dem DeSH zufolge umfasst die deutsche Sägeindustrie gut 2000 vor
allem mittelständisch geprägte Betriebe mit insgesamt 24 000
Mitarbeitern. Etwa 70 Prozent seien Kleinstunternehmen mit höchstens
neun Beschäftigten. Die Branche verzeichnet den Angaben nach einen
jährlichen Umsatz von rund 6,5 Milliarden Euro.