Zahl der Corona-Intensivpatienten noch rückläufig

Die Neuinfektionszahlen mit dem Coronavirus in Deutschland erreichten
zuletzt Rekordhöhen. Immer häufiger steckt nach RKI-Daten die
Omikron-Variante dahinter. Was bedeutet das für die Lage der
Intensivstationen?

Berlin (dpa) - Die anrollende Omikron-Welle in Deutschland schlägt
sich bisher noch nicht auf den Intensivstationen nieder. Die Zahl der
dort behandelten Corona-Infizierten ist erstmals seit Mitte November
wieder knapp unter die 3000er-Marke gesunken, wie aus Daten des
Divi-Intensivregisters hervorgeht (Stand: Donnerstag). Seit dem
Höhepunkt der vierten Welle im Dezember mit rund 5000
Corona-Intensivpatienten gleichzeitig ist die Zahl stetig
zurückgegangen. Auch bei den gemeldeten Erstaufnahmen ist der Trend
rückläufig. Experten sehen aber noch keinen Grund zur Entwarnung fü
r
die nächsten Wochen, unter anderem wegen offener Fragen zu Omikron
und einer erwarteten weiteren Zunahme der Ansteckungen.

Generell gibt es einen Zeitverzug, bis ein Infizierter - im
schlimmsten Fall - auf der Intensivstation landet. Die Dauer kann je
nach Variante variieren, von gut einer Woche bis mehr als zwei; in
Bezug auf Omikron gibt es noch keine Gewissheit.

«Einen Wiederanstieg der Zahl der Intensivpatienten in Deutschland
dürften wir noch nicht ganz so schnell sehen», erwartet Christian
Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters,
im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Während bei der
Delta-Variante rund jeder Fünfte Corona-Patient (20 Prozent), der in
ein Krankenhaus kam, intensivmedizinische Versorgung benötigt habe,
sei es bei Omikron nur noch ungefähr jeder Zehnte, sagte er. Hinzu
kämen die vergleichsweise strengen Maßnahmen in Deutschland, die
womöglich zu einer nicht ganz so explosionsartigen Zunahme von
Ansteckungen wie in anderen Ländern führen könnten.

Der Kölner Professor warnte jedoch davor, Omikron als mild abzutun -
auch wenn die Variante per se tatsächlich weniger krankmachend sei
als Delta. «Es besteht ein Risiko auch bei Omikron, insbesondere für
Menschen ohne Impfung», sagte Karagiannidis. «Ungeimpfte sind derzeit
die Hauptklientel auf Intensivstationen.» Mit einer
Grundimmunisierung oder nach durchgemachter Infektion plus Impfung
hingegen sei man gut vor einem schweren Verlauf geschützt.

Noch seien auch nicht alle Fragen in Hinblick auf deutsche
Besonderheiten geklärt: «Offen ist: Was passiert, wenn Omikron bei
älteren und hochaltrigen Menschen ankommt? Das bereitet mir noch
Sorgen», sagte Karagiannidis. Deutschland habe eine relativ alte
Bevölkerung - zum Beispiel im Vergleich zu Südafrika, wo Omikron
entdeckt worden war. Mit Abstand am höchsten sind die Inzidenzen in
Deutschland bisher bei Menschen unter 35 Jahren, teils mit Werten um
700 (Stand Donnerstag). Für die Gruppe 60 bis 79 Jahre gab das RKI
die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen
mit 133 an, für die Menschen ab 80 Jahren mit 95,5.

Die Belastung auf Intensivstationen sei mit rund 3000 Fällen weiter
hoch, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI) im Wochenbericht von
Donnerstagabend. «Obwohl die Belegungszahlen zurzeit noch rückläufig

sind, kann es weiterhin zu regionalen Kapazitätsengpässen im
intensivmedizinischen Bereich kommen». Laut RKI hat sich Omikron in
Deutschland zuletzt weiter stark ausgebreitet, es habe Fälle in fast
allen Landkreisen gegeben.

In den nächsten Wochen werde mit einer starken Zunahme der
Ansteckungen gerechnet. Omikron sei auch bei Geimpften und Genesenen
leichter übertragbar. Nach den aktuellsten Daten für die erste
Kalenderwoche 2022, die auf Meldungen aus den Bundesländern basieren
und auch Verdachtsfälle einschließen, machte die Variante laut
RKI-Bericht einen Anteil von 73 Prozent aus und überwiegt damit. Die
bisher vorherrschende Delta-Variante verliert immer mehr an Boden.

Das RKI verwies auf große regionale Unterschiede beim Omikron-Stand:
Der Anteil liege zwischen 11 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und 96
Prozent in Bremen. Für Schwankungen und Unterschiede wurden mehrere
Gründe angeführt: Es werde nicht überall gleich viel auf Varianten
getestet, es gebe Verzögerungen in der labordiagnostischen Erfassung
und Übermittlung, zudem verlaufe die Ausbreitung ausgehend von
Ballungsräumen.

«Erste Studien deuten auf einen geringeren Anteil an Hospitalisierten
im Vergleich zu Infektionen mit der Deltavariante bei Infizierten mit
vollständiger Impfung bzw. Auffrischimpfung hin», schreibt das RKI im
Wochenbericht. Für eine abschließende Bewertung zur Krankheitsschwere
sei die Datenlage aber noch nicht ausreichend. Das RKI berichtet,
dass für einen Teil der gemeldeten Omikron-Fälle Angaben zu Symptomen
vorliegen. «Es wurden überwiegend keine oder milde Symptome
angegeben.» Die Menschen, die von Symptomen berichteten, nannten
demnach etwa Husten, Schnupfen und Halsschmerzen. 962 Infizierte
seien ins Krankenhaus aufgenommen worden, 40 seien gestorben.