Zahlreiche Bundesländer lassen weitere Nutzung der Luca-App offen

Die Luca-App ist vor allem bei Datenschützern umstritten. Einzelne
Gesundheitsämter und der Landkreistag sehen wiederum Vorteile. In
einem Bundesland ist es schon klar, ob die App weiter genutzt wird -
in vielen anderen Ländern noch nicht.

Berlin/Potsdam (dpa) - Die Zukunft der Luca-App zur Nachverfolgung
von Kontakten in der Corona-Pandemie ist in fast allen Bundesländern
mit einer Luca-Lizenz noch offen. Während in Schleswig-Holstein schon
entschieden ist, den Vertrag mit dem privaten Betreiber zu kündigen,
prüfen zwölf Länder dies erst, wie eine Umfrage der Deutschen
Presse-Agentur ergab. Drei Länder haben keinen Vertrag:
Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen, einzelne Gesundheitsämter
nutzen die App dort aber auch.

Die Luca-App soll Restaurantbesitzern und Event-Veranstaltern helfen,
die in den meisten Bundesländern gesetzlich vorgeschriebene Erfassung
der Kontakte der Besucher ohne Zettelwirtschaft zu erledigen. Sie
kann direkt mit den Gesundheitsämtern verbunden werden. Auch
Impfnachweise können hinterlegt werden. Die Corona-Warn-App der
Bundesregierung informiert Bürger wiederum anonym über ein mögliches

Infektionsrisiko. Seit November kann sie zum Einchecken auch die
Klötzchengrafiken (QR-Codes) verwenden, die mit Luca erstellt wurden.

Datenschützer sehen Risiken in der zentralen Speicherung von Daten
bei Luca, die Hersteller verweisen auf einen Schutz durch
Verschlüsselungstechnik. Die App wird von Gesundheitsämtern
unterschiedlich oft genutzt. Der Deutsche Landkreistag beurteilt Luca
positiv. «Das Luca-System kann die Gesundheitsämter entlasten und
sollte deshalb weiterhin im Einsatz bleiben», sagte eine Sprecherin.

Die App sorgte zuletzt für Diskussion: Die Polizei in Mainz griff bei
Ermittlungen zu einem tödlichen Sturz in einer Gaststätte über das
Gesundheitsamt auf Daten aus der App zurück ohne ausreichende
Rechtsgrundlage. Danach verlangten einzelne Politiker, dass Länder
auslaufende Verträge der App nicht verlängern. Die Aktion der Polizei
in Mainz wurde auch von den Machern der Luca-App scharf kritisiert.

Schleswig-Holstein lässt die Lizenz auslaufen. Die Entscheidung zur
Kündigung zum März sei vor allem gefallen, weil die
Corona-Landesverordnung seit September 2021 keine Pflicht mehr zur
Erhebung der Kontaktdaten beinhalte, sagte eine Sprecherin des
Schleswig-Holsteinischen Landkreistages.

Das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg will erst Ende Februar
vor Fristende im März entscheiden. Die Landesregierung sieht die App
als «guten und datenschutzkonformen Baustein» der Vorsorge, betont
aber, Corona-Warn-App und Luca-App könnten gleichzeitig genutzt
werden. Innerhalb von 28 Tagen hätten sich zuletzt mehr als 5,9
Millionen Menschen eingecheckt. Der netzpolitische Sprecher der
Grünen im Landtag, Alexander Salomon, hält die Luca-App bei Warnung
und Nachverfolgung dagegen für «mausetot».

Bayern hat noch keine Entscheidung getroffen, ob es weiter auf Luca
setzt. Das sagte ein Sprecher des Digitalministeriums. Die Lizenz
läuft am 5. April aus. 

Der Senat in Berlin prüft ebenfalls, ob der Vertrag verlängert wird.
Das werde «nach einer umfassenden Bewertung des bisherigen Einsatzes
und der pandemischen Lage» demnächst entschieden, erklärte die
Gesundheitsverwaltung. Der bisherige Einsatz sei positiv. Der Vertrag
endet im März.

Brandenburg hat rund eine Million Euro für die einjährige App-Nutzung
in 18 Gesundheitsämtern bereitgestellt, der Vertrag läuft bis Ende
März. Die Entscheidung, ob der Vertrag verlängert werde, stehe noch
aus, teilte das Gesundheitsministerium mit. Die Corona-Warn-App sei
eine gute Alternative, seit der Check in für Gaststätten damit auch
möglich ist. Eine Befragung des Ministeriums 2021 ergab, dass nur ein
Gesundheitsamt von einer produktiven Nutzung von Luca berichtete.

Auch ob Bremen die Luca-App weiter nutzt, ist unklar. «Der Vertrag
läuft noch bis März, bis dahin wird eine Entscheidung fallen», teilte

eine Sprecherin des Gesundheitsressorts mit. Seit Einführung im
Frühjahr 2021 wurden in Bremen nur zehn Mal Daten von Luca abgefragt.
Aber: «Das System ist einfach in der Bedienung im Gesundheitsamt.»

Die Hansestadt Hamburg als Luca-Vielnutzerin und Heimat des ersten
Luca-Repräsentanten Smudo von den Fantastischen Vier hält sich eine
Entscheidung zur Verlängerung der Lizenz offen. «Eine Entscheidung
muss bis Ende Februar fallen», sagte ein Sprecher der Finanzbehörde.

Hessen hat unter Federführung des Ministeriums für Digitale Strategie
und Entwicklung die Luca-App beschafft und 2,1 Millionen Euro
investiert. Der Vertrag läuft bis Ende März. Ein endgültiger
Entschluss über eine Verlängerung ist noch nicht gefallen.

Mecklenburg-Vorpommern hatte den Vertrag nach einem Rüffel des
Oberlandesgerichts wegen einer Direktvergabe kurzfristig neu
abgeschlossen. Dieser läuft laut Digitalisierungsministerium zum 12.
März aus. Bis dahin soll entschieden werden, wie es weitergeht.

Ob Niedersachsen die Luca-App weiter nutzen wird, ist
Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) zufolge nicht geklärt.
Eine Lizenz laufe bis Ende März.

Auch in Rheinland-Pfalz ist eine Entscheidung laut
Regierungssprecherin Andrea Bähner noch nicht gefallen.
«Rheinland-Pfalz liegt viel an einer gemeinsamen Lösung.» Der
Landesdatenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann fordert, «ernsthaft zu
prüfen, ob die Luca-App als Instrument zur Pandemie-Bekämpfung noch
gebraucht wird». Möglicherweise reiche die Corona-Warn-App aus.

Im Saarland ist ebenfalls unklar, ob der Vertrag über März hinaus
verlängert wird. Für eine Entscheidung wurden die Gesundheitsämter,
der Dehoga und der Pop-Rat - ein Gremium der Popkultur - um eine
Stellungnahme gebeten, teilte das Gesundheitsministerium mit.

In Sachsen-Anhalt empfiehlt Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) ein
Vertragsende, «weil mit der Corona-Warn-App eine staatlich
finanzierte App vorhanden ist, die Funktionalitäten analog zur
Luca-App bietet». Die Erleichterungen für Gesundheitsämter seien
nicht im erhofften Umfang eingetreten. Das Gesundheitsministerium
will in den nächsten Wochen mit Ländern sprechen, die die Luca-App
genutzt haben, und eine Entscheidung abstimmen. Der Vertrag läuft im
März aus.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)
hatte die Bundesregierung aufgefordert, die Corona-Warn-App zügig
weiterzuentwickeln. Das Sozialministerium Sachsen teilte mit, das
Land setze zur Kontaktnachverfolgung primär auf die Corona-Warn-App
die besonders hohe Anforderungen an den Datenschutz erfülle und
besonders geeignet sei, Infektionsketten schnell zu unterbrechen.

Patrick Hennig, Geschäftsführer des Luca-Betreibers neXenio,
appellierte an die Länder, am bisherigen Höhepunkt der Inzidenzen
alle etablierten technischen Mittel nutzen, um die Pandemie in den
Griff zu bekommen. «Luca-App und Corona-Warn-App ergänzen sich dabei
perfekt.» Besonders wenn die Inzidenzen sehr hoch seien und sehr
häufig CWA-Warnmeldungen erscheinen, seien Informationen zum
individuellen Risiko besonders wichtig. «Und die liefert nur die
Luca-App.» Die Angaben zu Umständen, Ort und Zeit einer möglichen
Infektion seien «oft das Zünglein an der Waage, das einen dazu
bewege, sich wirklich in Isolation zu begeben oder zumindest testen
zu lassen».