Bayern sind seltener und kürzer krank - manche Berufe aber anfälliger

Dass die Menschen im Lockdown-Jahr 2020 seltener krank geworden sind,
verwundert nicht. Dass es Pflegekräfte besonders oft erwischt hat,
auch nicht. Doch es gibt eine Berufsgruppe, die überraschend niedrige
Fehlzeiten hat.

München (dpa/lby) - Die Menschen in Bayern sind im Pandemiejahr 2020
seltener krankgeschrieben gewesen als der Bundesdurchschnitt - doch
manche Berufsgruppen hat es besonders oft erwischt. Mitarbeiter bei
Post- und Zustelldiensten (30,5 Tage), in der Gebäudereinigung (27,4
Tage) und in der Kranken- und Altenpflege (23,9 bzw. 26,6 Tage)
hatten der Krankenkasse Barmer zufolge die höchsten Fehlzeiten. Am
seltensten meldeten sich die Hochschullehrkräfte aus
Gesundheitsgründen von der Arbeit ab - sie waren im Schnitt nur 4,4
Tage krankgeschrieben. Dies geht aus dem am Mittwoch in München
veröffentlichten Barmer Gesundheitsreport für Bayern hervor.

Demzufolge waren Arbeitnehmer 2020 im Bundesdurchschnitt insgesamt 18
Tage lang krankgeschrieben. In Bayern sank die Zahl um zwei Prozent
auf 16,3 Tage - nur Baden-Württemberg und Hamburg verzeichneten noch
weniger. Grund für den Rückgang seien die Kontaktbeschränkungen und
die gesunkene Mobilität in Zeiten des Lockdowns gewesen, erläuterte
Barmer-Landesgeschäftsführerin Claudia Wöhler. Dabei erkrankten die
Menschen im Freistaat nicht nur seltener als im Bundesschnitt,
sondern wurden im Fall der Fälle auch schneller wieder gesund.

Mehr als zwei Drittel der Fehlzeiten ließen sich dabei auf nur vier
Krankheitsarten zurückführen: Rund 22 Prozent auf Erkrankungen des
Muskel-Skelett-Systems wie etwa Bandscheibenvorfälle, knapp 21
Prozent auf psychische Störungen wie Depressionen, fast 12 Prozent
auf Verletzungen und gut 13 Prozent auf Atemwegserkrankungen.

Schnupfen, Husten & Co. waren auch die häufigste Ursache von
Arbeitsunfähigkeiten - während die längsten Krankschreibungen mit im

Schnitt 51 Tagen auf psychische Störungen zurückzuführen waren. Das
ist ein deutliches Plus von sechs Tagen im Vergleich zum Vorjahr.
«Dieser Trend ist sehr besorgniserregend», betonte Wöhler. Dabei
waren es häufig Frauen, die aufgrund von psychischen Erkrankungen im
Job fehlten, während Männer öfter wegen Rückenschmerzen zu Hause
blieben.

Covid-19 infolge einer Corona-Infektion spielte bei den
Krankschreibungen im Jahr 2020 nur eine marginale Rolle. Selbst unter
den Krankenpflegerinnen und -pflegern gingen nur 0,7 Prozent aller
Fehlzeiten darauf zurück. Allerdings war das bayerische
Pflegepersonal damit nicht nur wesentlich häufiger von Covid-19
betroffen als alle anderen Erwerbstätigen. Auch im Vergleich zu den
Pflegekräften anderer Bundesländer waren die Fehlzeiten fast doppelt
so hoch.

Laut Martin Siess vom Klinikum rechts der Isar lässt sich dies
wahrscheinlich mit dem Verlauf der Pandemie erklären, die in Bayern
besonders früh und heftig zuschlug. Im Klinikum der TU München hätten

sie zudem die Erfahrung gemacht, dass sich neun von zehn
Klinikbeschäftigten im privaten Umfeld und nicht am Arbeitsplatz mit
dem Coronavirus ansteckten, berichtete Siess.

Der Barmer-Gesundheitsreport beruht auf den Daten von rund 3,8
Millionen Barmer-Versicherten in ganz Deutschland und gilt somit als
repräsentativ. Für Bayern wurden die Daten von 545 000
Erwerbspersonen im Alter von 15 bis 65 Jahren ausgewertet.