Gericht lehnt Eilantrag von Schuhgeschäft gegen 2G-Regel ab

Schuhgeschäfte gehören nicht zur Grundversorgung, Blumensträuße
dagegen schon: Die Corona-Regeln für den Einzelhandel standen im
Südwesten auf dem juristischen Prüfstand. Aus Sicht des
Handelsverbandes lässt der Beschluss viele Fragen offen.

Mannheim (dpa/lsw) - Ein Schuhgeschäft ist mit einem Eilantrag gegen
die 2G-Regel vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg
gescheitert. Die Forderung, nicht nur Genesenen und Geimpften als
Kunden Zutritt zu gewähren, sei abgelehnt worden, weil die
Infektionszahlen derzeit stark anstiegen, teilten die Mannheimer
Richter am Mittwoch mit. Im Nachbarland Bayern ist die Regelung
hingegen anders. Der dortige VGH hatte für das Nachbarland
entschieden, dass für Bekleidungs-, Bücher- und Blumenläden die
2G-Regel nicht gilt.

In dem aktuellen Fall in Baden-Württemberg verwiesen die Richter in
Mannheim nun auf Empfehlungen des Robert Koch-Instituts, für den
Zugang zu Ladengeschäften die 2G-Regelung anzuwenden und für den
Zugang zu Geschäften des täglichen Bedarfs die 3G-Regelung. 3G
bedeutet Zutritt für Genesene, Geimpfte und negativ Getestete.
Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) begrüßte die Entscheidung der

Richter. Er verwies auf die Omikron-Variante. In den nächsten Wochen
werde mit einem starken Anstieg der Infektionszahlen gerechnet und
deshalb mit einer weiteren Belastung des Gesundheitssystems.

«Wir sind sehr enttäuscht», sagte hingegen die Hauptgeschäftsführ
erin
des Handelsverbandes, Sabine Hagmann, der Deutschen Presse-Agentur.
Sie bezeichnete den Beschluss als scherenschnittartig und
undifferenziert. Die Richter hätten sich seit langem der
Unterstützung der Politik verschrieben, ohne die Entwicklung in
anderen Bundesländern wie etwa Bayern und Niedersachsen zu
berücksichtigen, wo es infolge von Gerichtsentscheidungen Lockerungen
für den Einzelhandel gegeben habe. Dass im Einzelhandel Existenzen
auf dem Spiel stünden, interessiere die Justiz zu wenig.

Justizministerin Marion Gentges (CDU) widersprach ihr deutlich: «Dass
richterliche Entscheidungen, gerade in diesen aufgewühlten Zeiten,
auf Kritik stoßen können, liegt in der Natur der Sache», sagte sie am

Abend. «Ich bitte aber jeden und jede, bei Kritik sachlich zu
bleiben.» Die Richterinnen und Richter entschieden, wie es die
Verfassung vorsehe, sagte sie.

Das Mannheimer Gericht folgte der Argumentation der Filiale eines
Unternehmens mit Sitz außerhalb Baden-Württembergs nicht, im
Einzelhandel komme es nur in geringem Umfang zu Infektionen. Die
Ursachen des Infektionsgeschehens seien derzeit vielmehr diffus. Die
Luca-App, auf deren Daten sich die Antragstellerin berufe, werde im
Einzelhandel vielfach gar nicht eingesetzt.

Die Klägerin machte geltend, Schuhgeschäfte dienten der
Grundversorgung der Bevölkerung. Dem hielt der 1. Senat entgegen:
«Üblicherweise dürfte jeder Bürger über ausreichend Schuhe verf
ügen,
um einen gegebenenfalls auch kurzfristig entstehenden
Neuanschaffungsbedarf zu überbrücken.» Wenn die Antragstellerin
anführe, dass jeder Deutsche pro Jahr vier Paar Schuhe kaufe, zeige
das nur, dass Schuhe nicht kurzfristig neu angeschafft werden
müssten. Das Gemeinwohl werde durch einen Verzicht auf diese Produkte
nicht beeinträchtigt.

Hagmann hingegen betonte, es sei nicht zu verstehen, dass in der
Corona-Verordnung der Kauf von Blumensträußen als Teil der
Grundversorgung gewertet werde, der Erwerb von Schuhen hingegen
nicht. Wenn die Richter von diffusen Infektionsquellen sprächen, sei
daraus zu schließen, dass der Einzelhandel kein Infektionstreiber sei
- im Gegenteil. Obwohl die Mitarbeiter der Geschäfte jeden Tag an der
Front stünden, machten sie unter den Infizierten nur einen Anteil von
unter einem Prozent aus.

In Bayern haben Gerichte in vergleichbaren Fällen bisher anders
geurteilt. Im Dezember stellten sie dort klar, dass auch
Textilgeschäfte und Spielzeuggeschäfte zu den von den strengeren
Regeln ausgenommenen Geschäften des täglichen Bedarfs gehören. Bei
den Textilgeschäften nahmen sie dabei direkt Bezug auf eine
Entscheidung aus dem Frühjahr 2021, als sie auch Schuhgeschäfte dem
täglichen Bedarf zugeordnet hatten. Diese, so hieß es damals, hätten

für die Versorgung der Bevölkerung eine vergleichbar gewichtige
Bedeutung wie etwa Buchhandlungen, Geschäfte für Babybedarf, Bau- und
Gartenmärkte oder Blumenläden.

Der Beschluss des VGH für Baden-Württemberg ist unanfechtbar (Az.: 1
S 3781/21).