Erste Athleten können Koffer für Olympia packen: Die Angst fliegt mit Von Andreas Schirmer, Martin Kloth und Carsten Lappe, dpa

Die deutschen Athleten kämpfen bei den Olympischen Winterspielen in
Peking nicht nur um Medaillen und gute Plätze. Sie müssen auch Angst
und Unsicherheit angesichts der sich zuspitzenden Corona-Lage
trotzen. Der DOSB nominierte nun die ersten Olympia-Starter.

Frankfurt/Main (dpa) - Die ersten Athleten können nach der
Nominierung durch den Deutschen Olympischen Sportbund für die
Winterspiele in Peking schon mal die Koffer packen. Unsicherheit und
Angst werden angesichts der in die Höhe schnellenden Corona-Zahlen
vor und während der olympischen Medaillenkämpfe ständige Begleiter
bleiben. «Je mehr Gedanken man sich macht, desto fertiger ist man
irgendwann», sagte Ausnahme-Eisschnellläuferin Claudia Pechstein.

Die 49-jährige Berlinerin wurde am Dienstag offiziell vom DOSB für
ihre achte Olympia-Teilnahme nominiert - ein Rekord für eine
Athletin. «Ich versuche, mich immer überall an alle Regeln zu halten,
die Maske zu tragen und wenn es geht, mich nicht mit zu vielen
Menschen zu umgeben», erklärte sie. Diese Empfehlung gab auch
Olympia-Arzt Bernd Wolfarth: «Die Athleten sollten sich so gut wie
möglich in sozialer Distanz üben.» Was schwierig sei, weil manche
Athleten noch Qualifikationswettkämpfe bestreiten würden.

Bei der ersten Nominierung des DOSB haben 20 Eisschnell- und
Eiskunstläufer sowie Rodler für die Peking-Spiele vom 4. bis 20.
Februar ihre Olympia-Tickets erhalten. Bei der zweiten Nominierung am
18. Januar wird die deutsche Mannschaft komplettiert. Wie 2018 in
Pyeongchang ist eine Teamgröße von etwa 150 Sportlern zu erwarten.
Vor vier Jahren in Südkorea reiste das Team D mit 31 Medaillen und
dem beste Ergebnis nach der Wiedervereinigung zurück.

Der DOSB hat auch schon einen 35er-Pool von Eishockeyspielern
nominiert - allerdings unter Vorbehalt und ohne Nennung von Namen -,
der auf 25 Spieler reduziert werden muss. «Wir haben uns aufgrund der
pandemischen Lage dazu entschieden, erst Ende Januar den finalen
Kader öffentlich bekannt zu geben», sagte DEB-Sportdirektor Christian
Künast angesichts vieler Corona-Fälle im Eishockey. «Uns ist wichtig,

dass die Spieler so lange wie möglich in Ruhe ihren Aufgaben in den
Clubs nachgehen können. «Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet.»
Das deutsche Team gewann 2018 in Pyeongchang Olympia-Silber.

Für Eisschnelllauf-Evergreen Pechstein ist es von höchstem Wert,
schon zum achten Mal bei Winterspielen dabei zu sein. «Ich weiß, dass
ich nicht mehr um Medaillen mitlaufe», sagte sie. «die achte
Teilnahme bedeutet mir aber mehr als eine Goldmedaille.»

Die Rodler hingegen wollen wieder wie vor vier Jahren mit sechs
Edelplaketten erfolgreiche Medaillensammler werden. So peilt Felix
Loch in Peking seinen vierten Olympiasieg an. Die Gold-Staffel von
2018 um Natalie Geisenberger, Tobias Arlt, Johannes Ludwig und Tobias
Wendl könnte den Triumph in China wiederholen.

«Mit dem Abschluss der ersten Nominierungsrunde ist der erste Schritt
auf dem Weg zu einem gemeinsamen und starken Team D für Peking
getan», sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. «Wir werden einmal mehr

und hoffentlich zum letzten Mal Spiele ganz besonderer Art unter
Pandemiebedingungen erleben.»

Keinen Zweifel lässt China trotz der nun auch im eigenen Land
verbreitenden Omikron-Variante an der planmäßigen Austragung der
Spiele. «Auf welche Schwierigkeiten und Herausforderungen wir auch
immer stoßen mögen, unsere Entschlossenheit, erfolgreiche Spiele wie
geplant auszurichten, bleibt fest und unerschütterlich», betonte der
Sprecher des Organisationskomitees, Zhao Weidong, am Dienstag.

Aktuell stehen in drei abgeriegelten chinesischen Städten rund 20
Millionen Einwohner wegen eines Covid-19-Ausbruchs unter Hausarrest.
Dazu gehört Pekings Nachbarstadt Tianjin. Dennoch soll sich laut der
Planer an den strengen Corona-Maßnahmen für die Spiele vorerst nichts
ändern. «Sofern es in den Wettbewerbszonen nicht zu einem
Großausbruch kommt, haben wir keine Anpassung der Gegenmaßnahmen
geplant», sagte Huang Chun, stellvertretender Direktor der Abteilung
des Büros für Pandemieprävention. 

Die hoch ansteckende Omikron-Variante dürfte die strikte
Null-Covid-Strategie Chinas mit Massentests, Ausgangssperren,
Quarantäne und Abschottung schwer auf die Probe stellen.
Epidemiologen sprechen in Staatsmedien von der «ersten echten
Schlacht» gegen Omikron in China. 

Um das Virus nicht ins Land zu schleppen, werden alle Athleten und
Teilnehmer der Winterspiele ihren Aufenthalt in einer abgeschlossenen
«Blase» ohne Kontakt zur Bevölkerung verbringen. Aus Angst vor der
Verbreitung des Coronavirus haben die Behörden der chinesischen
Hauptstadt die Bevölkerung dazu aufgerufen, sich bei Verkehrsunfällen
von Olympia-Teilnehmern fernzuhalten und ihnen auch nicht zu helfen. 

DOSB-Chefmediziner Wolfarth vermeidet angesichts der sich
zuspitzenden Situation auch in China jede Panikmache. «Ich bin der
sicheren Meinung, wenn wir erst mal in China gelandet sind, werden
die Wettbewerbe auch in einem professionellen Umfeld gut stattfinden
können», sagte er. «Für uns ist erst mal die große Herausforderun
g,
die Olympischen Spiele zu erreichen.» Alle deutschen Olympia-Starter
seien vollständig geimpft. Zudem hätten sie «eine klare Empfehlung»

für Booster-Impfungen erhalten.