So viel Protest gegen Corona-Politik wie nie zuvor im Südwesten

Sie trommeln, pfeifen und skandieren. Und oft verlaufen die meist
unangemeldeten Demonstrationen friedlich. Aber für viele haben sie
ein juristisches Nachspiel. Über einen Tag der Rekorde.

Stuttgart (dpa/lsw) - Woche für Woche gehen in Baden-Württemberg mehr
Menschen auf die Straße, um gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen zu
demonstrieren. Nach Angaben des Innenministeriums protestierten
allein am Montag mehr als 50 000 von ihnen in zahlreichen Orten - so
viele wie nie zuvor an einem Tag zu diesem Thema. Die Polizei war mit
2500 Beamten auf 287 Versammlungen im Einsatz. Drei von ihnen seien
dabei angegriffen und leicht verletzt worden, sagte ein Sprecher des
Ministeriums am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die größten Proteste gab es am Montagabend in Pforzheim mit 1800 und
in Brackenheim (Kreis Heilbronn) mit 1700 Teilnehmern. In Achern
(Ortenaukreis) sowie in Wangen im Allgäu (Kreis Ravensburg) kamen
nach Angaben der Behörden jeweils 1200 Menschen zusammen, in Konstanz
waren es 1100 und in Riedlingen (Kreis Biberach) weitere 1000. Die
meisten Demonstrationen seien nicht angemeldet gewesen, sie seien
aber weitgehend friedlich verlaufen, hieß es. Allerdings wurden nach
Angaben des Innenministeriums 108 Straftaten und 381
Ordnungswidrigkeiten angezeigt.

Erneut warnte Innenminister Thomas Strobl (CDU) vor den Konsequenzen:
«Ich sage es noch einmal deutlich: Jeder, der sich nicht an Recht und
Ordnung hält, kann es erwischen», sagte er. Es könne nicht jeder
machen, was er will. Eine Gesellschaft lebe von Rechten, aber auch
Pflichten. Zunehmend mischten sich auch Extremisten unter die
Teilnehmer, sagte er: «Es entsteht derzeit auf unseren Straßen eine
explosive Mischung aus Extremisten, von rechts und links, aus
Reichsbürgern, Selbstverwaltern, Verschwörungsideologen und
Sektierern.»

In Ulm ermittelt die Polizei nach «zahlreichen Demos» gegen mehrere
Teilnehmer, die mutmaßlich als Versammlungsleiter aufgetreten sein
sollen. Als solcher sei man dazu verpflichtet, eine Demonstration
anzukündigen, erklärte ein Sprecher des Polizeipräsidiums. Dem sollen

die Verdächtigen nicht nachgekommen, bei den Versammlungen aber durch
ihr Verhalten als Leiter zu erkennen gewesen sein. Nach der
Demonstration in Ulm werde gegen fünf Menschen ermittelt, in Biberach
gegen vier und in Heidenheim gegen zwei weitere. In mehreren weiteren
Orten werde zudem gegen unbekannt ermittelt, hieß es.

Seit Wochen gehen Gegner der Corona-Politik vielerorts auf die
Straße. Nicht immer kündigen sie die Demonstrationen an. Am Montag
der vergangenen Woche waren ebenfalls mehr als 50 000 Menschen
unterwegs, um ihre Meinung zur Corona-Politik kundzutun. Zahlreiche
Städte haben unangemeldete Proteste, die auch als «Spaziergänge»
bekannt geworden sind, untersagt.