Smudo verteidigt Luca: «Wer im Steilhang hängt, wirft kein Seil weg»

Die Luca-App zur Eindämmung der Corona-Pandemie steht seit Monaten in
der Kritik. Als Polizeiermittler in Mainz das Luca-System zur Suche
nach einem Zeugen missbrauchten, forderten Netzpolitiker das Aus für
Luca. Rapper Smudo, der Luca mitentwickelt hat, kann es nicht fassen.

Berlin (dpa) - Der Rapper Smudo hat die Luca-App zur Eindämmung der
Corona-Pandemie gegen Vorwürfe von Netzpolitikern der Grünen und der
FDP verteidigt. Für deren Aufruf, die App zu deinstallieren, habe er
kein Verständnis, sagte der Künstler am Dienstag der «Bild». «Ich

halte es für verantwortungslos, dass ein Aufruf von ein bis zwei mir
bisher nicht bekannter Politiker dazu führen könnte, dass mitten in
der pandemischen Lage Menschen die Luca-App löschen.»

Smudo hat die App mitentwickelt, um seiner Band und anderen Künstlern
in der Corona-Pandemie wieder Auftritte zu ermöglichen. Der Sänger
ist an der Betreibergesellschaft der Luca-App wirtschaftlich
beteiligt.

Die Luca-App soll Restaurantbesitzern und Event-Veranstaltern helfen,
die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung der Kontakte der Besucher
ohne Zettelwirtschaft zu erledigen. Die Anwendung ist seit Monaten
Gegenstand einer öffentlichen Kontroverse. Zuletzt entzündete sich
die Kritik an einem Vorfall in Mainz. Dort hatte die Polizei
gemeinsam mit dem Gesundheitsamt bei der Suche nach Zeugen eines
tödlichen Sturzes in einer Gaststätte auf Daten aus der Luca-App
zurückgegriffen. Danach hatten einzelne Politiker öffentlich dazu
aufgerufen, die Luca-App von den mobilen Telefonen zu löschen, und
die Bundesländer aufgefordert, auslaufende Verträge mit dem Anbieter
nicht zu verlängern.

Das Vorgehen der Behörden in Mainz war von den Luca-Machern selbst
kritisiert worden. Nach dem Infektionsschutzgesetz dürften aus dem
System keine Daten zum Zwecke der Zeugensuche oder Strafverfolgung
abgerufen werden, erklärte die Betreibergesellschaft Culture4life.
«Das Handeln von Polizei sowie von Gesundheitsamt war nicht durch das
Infektionsschutzgesetz gedeckt, was die Behörden auch eingeräumt
haben.»

Smudo sagte nun der «Bild», die Luca-App helfe gegenwärtig jeden Tag

effektiv, Infektionsketten zu unterbrechen. «Falls sich ein
Bundesland dagegen entscheidet, rechtfertigt das nicht einen
deutschlandweiten Aufruf. Das ist schlichtweg verantwortungslos. Wer
im Steilhang hängt, wirft doch kein Seil weg.»

Spekulationen über Pläne zum Verkauf der Luca-App dementierte Smudo
in dem Interview energisch. «Derlei Gerüchte lasse ich für gewöhnli
ch
unkommentiert. Aber hier möchte ich sagen: Wir wollen Luca persönlich
an die Herausforderungen der Pandemie anpassen. Wir haben allein in
den letzten Wochen mit «2G-plus» und Luca Connect zwei Updates
gemacht, die Gesundheitsämter und Betreiber ein ganzes Stück
weiterbringen. Diesen Innovationsweg wollen wir weitergehen.»

Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Maximilian
Funke-Kaiser, bekräftigte am Dienstag seine Kritik an der Luca-App.
«Die vergangenen Meldungen über Sicherheitslücken, die Art der
Speicherung sensibler Daten ohne wirksame Absicherung sowie
unzufriedene Gesundheitsämter und der Fall in Rheinland-Pfalz wecken
zu Recht Zweifel an der Luca-App und dem Umgang mit angesprochenen
Sicherheitsbedenken.» Klar sei, alle Akteure und vor allem die
Behörden müssten sich den aufkommenden Fragen stellen und ihrerseits
die Konsequenzen tragen. «Nur ein offener Umgang damit ist
verantwortungsvoll.»

Der Gesundheitsschutz und die einfache Rückverfolgung von Kontakten
sei enorm wichtig, erklärte Funke-Kaiser. Nichtsdestotrotz dürfte der
Datenschutz weder von Unternehmen noch von staatlichen Institutionen
unbeachtet bleiben. «Dafür steht auch die Corona-Warn-App bereit. Die
Luca-App kann nichts, was sie nicht besser kann.»

In der Corona-Warn-App werden Risikosituationen anonymisiert
ausgewertet, ohne dass die von den meisten
Infektionsschutzverordnungen der Länder vorgeschriebene Erfassung von
persönlichen Kontaktdaten stattfindet.